Artikel 31.07.2021

Junkfoodwerbung braucht klare Grenzen

Shutterstock/Krakenimages.com // Montage: foodwatch/Ronald Talasz

Kinder und Jugendliche treffen nahezu überall auf Werbung für unausgewogene Lebensmittel. Längst nicht mehr nur übers Fernsehen: Lebensmittelhersteller nutzen die Beliebtheit von Social-Media-Stars, um Cola, Hamburger und Gummibärchen an die junge Zielgruppe zu bewerben. Mit dramatischen Folgen: Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden an Übergewicht. Denn Werbung wirkt – sie wirkt sich aufs Essverhalten, aufs Einkaufsverhalten und auf die Vorlieben der Kinder und Jugendlichen aus.

Regeln, die Werbung für ungesunde Lebensmittel verbieten, gibt es kaum. Doch seit Ende Juni hat Österreich ein Modell, mit dem es gelingen könnte, Kinder vor dieser Werbung zu schützen. Es setzt Grenzen für den Fett-, Zucker- oder Salzgehalt für jene Lebensmittel, die an Kinder beworben werden dürfen. Das Problem: Derzeit muss sich niemand dran halten. Dafür fehlt die gesetzliche Grundlage.

Wir von foodwatch finden das österreichische Modell gut und fordern deshalb: Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass dieses Modell für alle Anbieter*innen von audiovisuellen Mediendiensten verpflichtend ist.

Werbung für Junkfood gibt’s überall – Kinder sind ein beliebtes Zielpublikum

Die Lebensmittelindustrie möchte Kinder früh an ihre Produkte binden, denn in der Kindheit wird das Ernährungsverhalten geprägt. Angesprochen werden Kinder nicht nur über TV-Spots. Soziale Medien werden für die Lebensmittelindustrie immer attraktiver: Social-Media-Stars machen Werbung für große Schokoladenhersteller oder Fastfood-Ketten. Und sie fordern ihre Fans auf, ihre (Werbe)Beiträge für Süßigkeiten, Burger oder Limonaden zu kommentieren, zu liken oder selbst ein Foto mit den Lieblingsnaschsachen zu posten. Über YouTube, Instagram oder TikTok setzt sich die junge Zielgruppe so vermutlich noch intensiver mit dem Produkt auseinander als über Fernsehwerbung.

Werbung für Junkfood – ein gewichtiges Problem

In Österreich ist fast jedes dritte Kind im Alter von acht Jahren übergewichtig oder adipös. Werbung für zu süße, zu salzige und zu fettreiche Lebensmittel hat ihren Anteil daran, weil sie Vorlieben für Süßigkeiten oder salzige Snacks schon früh fördern kann. Kinder wollen im Supermarkt das bekommen, was sie vorher im TV oder auf Instagram gesehen haben. Eltern und Lehrer*innen oder andere Bezugspersonen können sich noch so sehr für gesunde Ernährung ins Zeug legen, wenn der YouTube-Star diese eine Limonade trinkt …

Kinder müssen vor Junkfoodwerbung geschützt werden – doch die Gesetze sind zu schwach

In der EU gibt es eine Richtlinie, die vorgibt, dass die Mitgliedsstaaten sich darum kümmern sollen, Werbung für zu salzige, zu süße und zu fetthaltige Lebensmittel wirksam zu beschränken. Dabei geht es um Werbung in so genannten audiovisuellen Medien, also im TV, auf YouTube und anderen Social-Media-Kanälen. Wie das geschehen soll, bleibt vage. In Österreich gilt seit 1.1.2021 ein entsprechendes Gesetz. Doch werden Anbieter*innen audiovisueller Mediendienste lediglich dazu verpflichtet, sich selber Regeln aufzuerlegen. Wie die aussehen, bleibt offen.

Eine Lösung für Österreich liegt auf dem Tisch – sie muss nur richtig angewendet werden

Begleitend zu diesem Gesetz haben Expert*innen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ein viel versprechendes Modell erarbeitet: Eine Tabelle listet Lebensmittelgruppen auf, die entweder gar nicht an Kinder beworben werden sollen oder nur, wenn sie eine Grenze für Fett, Zucker oder Salz einhalten. Das Modell ist ähnlich jenem, das die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schon 2015 vorgeschlagen hat.

Das Problem: Das Modell ist nicht verbindlich – dazu fehlt ein Passus im Gesetz. Zwar könnten sich TV-Sender und Betreiber*innen von Social-Media-Kanälen selbst dazu verpflichten, sich an dieses Modell zu halten. Doch gibt es keine rechtliche Handhabe, wenn sie es nicht tun.

foodwatch fordert: Um Kinder und Jugendliche wirksam vor Werbung mit unausgewogenen Lebensmitteln zu schützen, muss die österreichische Bundesregierung dafür sorgen, dass alle Anbieter*innen audiovisueller Mediendienste das österreichische Nährwert-Modell verpflichtend anwenden.