Artikel 20.10.2023

Hormongift Bisphenol A in Lebensmitteln – foodwatch hat getestet

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Ronald Talasz/foodwatch

Seit Langem ist bekannt, dass das Hormongift Bisphenol A (BPA) in Lebensmittel-Konserven zu finden ist. Doch die Behörden und Regierungen bleiben bisher tatenlos. Erst vor wenigen Monaten wurde in Tomatendosen in Deutschland wieder Bisphenol A gefunden. Wir haben jetzt auch in Österreich getestet – und wollen so Politiker*innen hierzulande wachrütteln: Es besteht höchster Handlungsbedarf.

Bisphenol A ist ein Stoff, der sich aus der Beschichtung in Lebensmittelkonserven löst. Viele Konservendosen sind derzeit mit Bisphenol A-haltigen Epoxidharzen beschichtet, damit die Säure aus dem Lebensmittel nicht das Metall der Dose angreift. Doch was für die Lebensmittelindustrie so praktisch scheint, kann für uns Menschen mitunter sehr gefährlich werden.

Krebsverdächtig, das Hormonsystem beeinträchtigend, Nerven schädigend - das sind nur einige der Eigenschaften, die im Zusammenhang mit Bisphenol A, kurz BPA, beobachtet wurden. Doch die Politik bleibt bis dato tatenlos. Und die Industrie verwendet weiter BPA-haltige Beschichtungen.

Der foodwatch Konserven-Test

Behörden testen die tatsächliche Belastung von Lebensmitteln mit dem Hormongift BPA nur selten.  Um zu zeigen, wie groß das Problem auch in österreichischen Supermarktregalen ist, hat foodwatch jetzt selbst den Test gemacht. Wir haben uns Mais und Thunfisch in Konservendosen, Mayonnaise in Tuben und Cola-Getränke in Dosen angesehen. Zum Vergleich haben wir jeweils ein Produkt in der Glas-Verpackung mit testen lassen.

Die Ergebnisse des Bisphenol A-Tests: Mais und Thunfisch stark belastet

Thunfischsalat mit Mais ist keine gute Idee, wenn man BPA vermeiden möchte. Zumindest, wenn die Zutaten aus der Dose kommen. Am stärksten belastet waren im foodwatch Test der Dosenmais von „Beach Flower“ und der Thunfisch in Olivenöl von „Vier Diamanten“.

Mit einer Dose des „Vier Diamanten“ Thunfischs nimmt ein 75 kg schwerer Mann etwa 500 Mal mehr Bisphenol A, als die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für gerade noch vertretbar hält. Bei einer 65 kg schweren Frau ist es das 570-Fache.

Jede Thunfisch-Probe aus der Dose war in den foodwatch Analysen mit BPA belastet.

Ein Maiskorn ist schon zu viel: hoher BPA-Gehalt in Maisdosen

Der „Beach Flower“ Mais weist in den von foodwatch in Auftrag gegebenen Analysen den höchsten BPA-Wert auf: 15 Nanogramm (ng) pro Gramm Maisprobe. Ein erwachsener Mann erreicht mit drei Maiskörnern die empfohlene Tageshöchstdosis. Eine erwachsene Frau dürfte maximal 2 Maiskörner essen. Und bei einem Volksschulkind ist ein Maiskorn schon zu viel.

Der „Bonduelle Goldmais“ weist zwar nur die Hälfte des BPA-Wertes im Vergleich zum „Beach Flower“ Mais auf. Doch auch hier ist man mit ein paar Maiskörnen schnell über der noch vertretbaren Tagesdosis.

Am geringsten belastet war im foodwatch Test der „D‘ aucy Sonnenmais“: 3,9 Nanogramm pro Gramm Mais sind aber auch zu viel.

Fazit: In alle Mais-Proben aus der Dose war ein relevanter Anteil an BPA nachweisbar.

Glasverpackungen frei von Bisphenol A

Wir wollten auf Nummer sichergehen und schauen, ob Mais und Thunfisch in anderen Verpackung ebenfalls mit BPA belastet sind. Deshalb haben wir auch jeweils ein Produkt in der Glasverpackung testen lassen. Die gute Nachricht: In Lebensmitteln und Getränken aus der Glasverpackung konnte das Labor kein Bisphenol A nachweisen. In unserem Test war auch in den Mayonnaisen aus der Tube und den Cola-Getränken aus der Dose BPA nicht nachweisbar.

Bisphenol A - Grenzwerte für Aufnahme: nur eine Empfehlung

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt seit März 2023 einen Grenzwert von 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht für die täglich tolerierbare Aufnahme. Nach Auswertung zahlreicher Studien hat die Behörde den bis dato geltenden empfohlenen Grenzwert um das 20.000-Fache gesenkt. Doch die EFSA kann diese Werte nur empfehlen. In ein Gesetz müsste sie die EU-Kommission gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten gießen.

Schwere gesundheitliche Folgen durch Bisphenol A möglich

Schon lange ist bekannt, dass BPA das Hormonsystem durcheinanderbringen könnte. In den vergangenen Jahrzenten haben sich die Hinweise auf weitere gesundheitsgefährdende Eigenschaften gemehrt. Nicht nur das Hormonsystem, auch das Immunsystem und das Nervensystem können durch BPA gestört werden. Mit erheblichen gesundheitlichen Folgen. Doch der Gesetzgeber unternimmt viel zu wenig. Auf EU-Ebene gibt es weder Grenzwerte für BPA in Lebensmitteln noch ein Verbot zur Verwendung von BPA in Lebensmittelkontaktmaterialien.

foodwatch fordert ein sofortiges Verbot von Bisphenol A

Für foodwatch ist das ein unhaltbarer Zustand. Die Regierungen müssten nämlich nicht einmal auf die EU-Ebene warten. Jedes Land könnte längst selbständig BPA für Lebensmittelkontaktmaterialien verbieten. Frankreich hat das 2015 schon gemacht. Wir wollen auch nicht mehr länger warten und haben deshalb eine E-Mail-Aktion an unseren Gesundheitsminister gestartet. Er könnte ein Verbot in Österreich längst durchsetzen. Und er soll sich auch auf EU-Ebene für ein Verbot von BPA einsetzen.