Artikel 02.03.2022

Mineralöltest: So reagierten die Unternehmen

  • Mineralöl
Rotraud Priesner // Montage: foodwatch/Ronald Talasz

foodwatch hat im Dezember 2021 in 5 europäischen Ländern Lebensmittel auf gefährliche Mineralölrückstände testen lassen. Die von foodwatch beauftragten Analysen zweier unabhängiger Labore belegen, dass zahlreiche Lebensmittel mit aromatischen Mineralölen (MOAH) verunreinigt waren. Diese Substanzen gelten als möglicherweise krebserregend und erbgutschädigend. Von insgesamt 152 getesteten Lebensmitteln waren 19 mit aromatischen Mineralölen (MOAH) verunreinigt. Doch anstatt Fehler einzugestehen, weigern sich viele Unternehmen, ihre Produkte zurückzurufen, und versuchen sich aus der Verantwortung zu ziehen.

Beim foodwatch Österreich Test waren 6 der 36 getesteten Lebensmittel belastet:

  • Suppenwürfeln: Knorr Goldaugen und Alnatura Bio Hühner Bouillon
  • Veganer Käse: Wilmersburger Pizzaschmelz
  • Schoko-Brotaufstrich:  Milky Way Kakao und Milch-Duo Creme
  • Schokolade für den Christbaumbehang: Lindt Lindor Milch und Ildefonso Weihnachtsbehang.

foodwatch hat alle betroffenen Unternehmen kontaktiert. Seit der Veröffentlichung der Testergebnisse im Dezember 2021 haben die meisten betroffenen Unternehmen auf unsere Anfragen reagiert. Die Antworten zeigen jedoch, dass viele Hersteller die Verantwortung für das Problem nicht bei sich sehen. Es wird deutlich: Solange es keine gesetzlich vorgeschriebene Null-Toleranz-Grenze für MOAH gibt, werden immer wieder kontaminierte Produkte auf unseren Tellern landen.

Hier sind einige ausgewählte Antworten:

Unilever ruft Produkte nicht zurück und redet sich auf Recyclingkarton aus

Bei unseren Produkttests ist eine Marke besonders negativ aufgefallen: Knorr von Unilever. foodwatch hat in verschiedenen Chargen aus 5 europäischen Ländern teils sehr hohe Mineralölrückstände gefunden. In Österreich waren Knorr Goldaugen belastet.

Der Hersteller  behauptet, dass alle seine Produkte sicher wären. Die Suppenwürfel waren jedoch in einigen Ländern hochgradig mit gefährlichen Mineralölkohlenwasserstoffen verunreinigt (bis zu 52 mg MOAH pro Kilo). Das Unternehmen ruft die belasteten Produkte aber einfach nicht zurück. Wir haben den Rückruf deshalb selbst in die Hand genommen:

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Weil der Hersteller Unilever das Problem kleinredet und die Behörden tatenlos zusehen, haben wir den Rückruf selbst in die Hand genommen.

Das Verhalten von Unilever ist absolut unseriös. Einem der größten Lebensmittelhersteller scheint die Sicherheit und Gesundheit von Konsument*innen nicht so wichtig zu sein. Gleichzeitig redet sich Unilever damit heraus, dass durch die Verwendung von Recyclingkarton Mineralöl in die Produkte gelangen könne:

Das Grundproblem ist die Herstellung von Karton aus recyceltem Altpapier. Besonders Rückstände von Zeitungsdruckfarben auf Mineralölbasis gelangen über die Recyclingfasern in den Karton. (…) Die gesamte Verpackungs- und Lebensmittelindustrie arbeitet in engem Kontakt mit Wissenschaft und Behörden intensiv an einer Lösung.
Unilever-Stellungnahme gegenüber ORF konkret

Dieses Problem ist aber schon lange bekannt. So nutzen Lebensmittelhersteller in ihren Verpackungen längst funktionelle Barrieren. Zum Beispiel kann eine Plastikschicht für einen wirksamen Schutz sorgen. Andere Unternehmen haben dieses Problem im Griff, wie unsere Tests gezeigt haben.

Alnatura: Mineralöle sind unvermeidbar

Der Hersteller Alnatura begründet die Verunreinigung mit einer „umweltbedingten Grundbelastung“:

Leider ist es heutzutage so, dass Mineralöle in der Umwelt mittlerweile so weit verbreitet sind, dass Fachleute von einer „umweltbedingten Grundbelastung“ sprechen. Spuren lassen sich daher praktisch überall nachweisen. (…) Die Hühnerbouillon ist weiterhin für den Verkauf zulässig und der analysierte Wert an Mineralölbestandteilen überschreitet keine gesetzlichen Grenzen.
Kommentar von Alnatura zum Instagram Post von foodwatch Deutschland vom 10.12.21)

Die zahlreichen sauberen Produkte zeigen jedoch, dass die nichts als eine faule Ausrede darstellt.

Lindt redet sich auf fehlenden Grenzwert heraus

Lindt & Sprüngli nimmt das Problem laut eigenen Angaben zwar ernst, zurückrufen wollte es seine Lindor-Kugel aber trotzdem nicht.

Da uns nicht im Detail bekannt ist, wie die von Foodwatch veröffentlichten Ergebnisse zustande gekommen sind, können wir diese Ergebnisse nicht bewerten. Lindt & Sprüngli nimmt dieses Thema jedoch sehr ernst und hat bereits interne Untersuchungen eingeleitet. (…) Wie bereits erwähnt können heute mittels modernster Messmethoden bereits allerkleinste Rückstände nachgewiesen werden. Allerdings gibt es nach wie vor keine gesetzlich festgelegten Grenzwerte der Behörden.
Lindt & Sprüngli-Stellungnahme gegenüber ORF konkret

Diese Stellungnahme zeigt: Es braucht unbedingt gesetzliche Regeln, die festlegen, ab wann ein Produkt zurückgerufen werden muss. Fehlen diese Regeln, werden Unternehmen das weiterhin als Ausrede verwenden, um untätig zu bleiben.

Nulltoleranz-Regel für Mineralöle in Lebensmitteln

Es zeichnet sich ein klares Bild ab: Ohne verpflichtende Richtlinien lenken Unternehmen mit verschiedenen faulen Ausreden vom Problem ab. Deshalb muss die EU so schnell wie möglich eine MOAH-Nulltoleranz-Regel für alle Lebensmittelkategorien im EU-Schadstoffrecht verankern.

Es ist höchste Zeit, dass die EU-Kommission und die Regierenden aller 27 Mitgliedsstaaten handeln. Dafür brauchen wir deine Stimme. Um den politischen Druck erhöhen zu können, müssen möglichst viele Meschen unsere Petition unterschreiben.