Frosta-Ampel: Medien feiern die „Revolution im Supermarkt“
Dass Kunden im Supermarkt ab August die ersten Produkte mit der Nährwert-Ampel finden, bewegt die Medien: Spiegel Online und Bild sprechen von einer „Revolution“, ARD, ZDF und viele Zeitungen berichten. Doch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner wirbt weiter für den Kennzeichnungsvorschlag der Industrie.
„Endlich kommt die Lebensmittel-Ampel!“ jubelt heute bild.de. Die Print-Ausgabe der Bildzeitung macht auf mit der Schlagzeile „Gesundheits-Ampel für Lebensmittel – 1. Hersteller kennzeichnet damit seine wichtigsten Produkte“ und spricht von einer „Lebensmittel-Revolution im Supermarkt“. Auch Spiegel-Online nennt die Nährwert-Ampel auf Frosta-Produkten „eine kleine Revolution im deutschen Lebensmittelmarkt“. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung fasst zusammen: „Das erste Tütengericht trägt bald die Lebensmittel-Ampel. Noch sperren sich die Hersteller. Dabei ist sie sinnvoll.“
„Wie kann man eigentlich dagegen sein?“
„Der Käufer wird es danken“, kommentiert die Süddeutsche Zeitung einen Tag nachdem bereits ein großer Bericht erschienen war. Und weiter meint SZ-Autorin Silvia Liebrich: „Der Vorstoß von Frosta ist nur ein erster, zaghafter Versuch, doch er könnte eine Sogwirkung entfalten. Denn er trägt endlich den Wünschen der Kunden Rechnung. Immerhin zwei Drittel der Deutschen befürworten das Ampelsystem. Deshalb sollten andere Lebensmittelhersteller dem Beispiel folgen. Sonst müssen sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die Bedürfnisse ihrer Kunden nicht ernst nehmen. Die Argumente, mit denen die Industrie bisher gegen die Lebensmittel-Ampel zu Felde zieht, sind fadenscheinig und leicht durchschaubar. (...) Es ist offensichtlich, dass die erste Sorge der Lebensmittelbranche nicht dem Verbraucher, sondern den eigenen Umsätzen gilt. Je länger sich die Hersteller aber gegen einfache Nährwertangaben sträuben, desto mehr schaden sie sich selbst.“
In der Frankfurter Rundschau schreibt Thomas Wüpper in einem Kommentar: „Höchste Zeit also, das Problem mutiger anzupacken. Hier ist der Staat gefragt (...) Das Drei-Farben-System (...) sollte schleunigst europaweit per Gesetz vorgeschrieben werden.“ Dem schließt sich Jost Maurin in seinem Kommentar in der taz an: "Endlich kennzeichnet der erste deutsche Lebensmittelhersteller auf den Verpackungen mit Ampelfarben etwa den Fett- und Zuckergehalt. Jetzt muss sich der Verbraucher nicht erst durch Zahlenkolonnen wühlen, um zu erkennen, ob ein Produkt viel oder wenig der wichtigsten Nährstoffe enthält.“ WDR-4-Autor Hubert Maessen kommt zu dem Fazit: „Rot-Gelb-Grün, klar und einfach – wie kann man eigentlich dagegen sein?“
Aigner: „Ich halte unsere jetzige Lösung jedenfalls für gut.“
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner jedoch macht sich in einem Interview mit der Bildzeitung die Aussagen zu eigen, mit denen die Lebensmittelindustrie die Ampel verunglimpft. Zum Beispiel: Die Ampel in England sei nicht einheitlich hinsichtlich der Farben und ihrer Bedeutung. Doch, das ist sie: Rot heißt immer „hoch“, Gelb „mittel“ und Grün „niedrig“. Einige Lebenmittelkonzerne verzichten jedoch auf die Farbkodierung und hinterlegen stattdessen die Angabe zu einem Nährwert immer in einer bestimmten Farbe – so ist Zucker bei der Handelskette Tesco grundsätzlich rosa. Das machen sie, um das Ampelsystem bewusst in Misskredit zu bringen. Und das können sie, weil es in England eben nur eine freiwillige Lösung gibt und keine einheitliche Pflicht-Ampel, wie foodwatch sie fordert. Damit wären die Farben und ihre Bedeutung nämlich für alle gleich und verpflichtend vogeschrieben.
Ministerin Aigner ignoriert Wunsch der Bürger
Doch statt sich in Europa mit Nachdruck für die Einführung der Ampelkennzeichnung einzusetzen, wie es die Mehrheit der Bürger in Deutschland fordert, spielt Frau Aigner auf Zeit. Sie tut so, als wären ihr die Hände gebunden – dabei könnte Deutschland seinen Einfluss auf europäischer Ebene geltend machen. Doch Frau Aigner ist und bleibt anscheinend eine Ministerin, der die Interessen der Industrie wichtiger sind als die Verbraucher.
Weitere Medienberichte zur Ampel auf Frosta-Produkten
Welt: „Heftiges Ringen um die "Ampel" für Lebensmittel“ (04.06.2009)
Tagesspiegel: „Pommes sind rot, Müsli ist grün“ (04.06.2009)
Berliner Zeitung: „Ampel im Tiefkühlregal“ (04.06.2009)
Deutschlandradio Kultur: „Foodwatch wirft Verbraucherministerin Aigner Täuschung vor“ (Interview mit foodwatch-Kampagnenleiter Matthias Wolfschmidt, 04.06.09)
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Eine Ampel für Zucker, Salz und Fett“ (07.06.2009)