Artikel 30.03.2022

Das Geschäft mit dem Bedürfnis nach Gesundheit

foodwatch/Ronald Talasz

„Immun-Säfte“ sind derzeit häufig in Supermarktregalen zu finden. Wir Konsument*innen greifen gerne zu, wenn Säfte und Co mit Vitaminen, Mineralstoffen und verheißungsvollen Namen werben. Einige Getränkehersteller verleihen ihren Frucht-Getränken einen besonders gesunden Anstrich. Das Geschäft mit dem Bedürfnis nach Gesundheit scheint sich zu lohnen.

Gesund sein und ein gutes Immunsystem haben - wer will das nicht? Seit dem Beginn der Pandemie ist dieses Bedürfnis bei vielen von uns noch mehr in den Vordergrund getreten.

Genau das spiegelt sich auch in den Supermarktregalen wider. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass „Immun-Getränke“ in den letzten zwei Jahren vermehrt in die Regale eingezogen sind. Fruchtsäfte, Fruchtnektar und Fruchtsaftgetränke werben mit klingenden Namen wie „Immunkraft“ oder „Immun Plus“. Bloße Werbung oder doch ein Mehrwert für unser Immunsystem? Was steckt hinter diesen Gesundheitsversprechen?

„Gesunde Versprechen“ sind beliebt – bei Herstellern und Konsument*innen

Mit „gesunden Versprechen“ machen Hersteller derzeit oft auf ihre Fruchtsäfte, Fruchtnektare und Fruchtsaftgetränke aufmerksam. Studien  zeigen, dass Konsument*innen Produkte mit sogenannten Health-Claims – also Gesundheitsversprechen – gegenüber anderen Produkten bevorzugen. Für Lebensmittelhersteller scheint es sich also zu lohnen, ihren Getränken einen gesunden Anstrich zu verpassen. Botschaften wie „Immunschutz“, „Fitness für dein Immunsystem“ oder „Immun für deine Abwehrkräfte“ sind werbewirksam. Zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe werden oft extra hervorgehoben: „mit Vitamin C, D und Zink“. Und manche Hersteller lassen sich das auch teuer bezahlen.

Plus für dein Immunsystem oder nur das Plus an Werbung?

An was denkst du bei den Produktnamen „Immun plus“ und „Immunkraftsaft“? Oder beim Slogan „Fitness für dein Immunsystem“? Manche Fruchtgetränke tun so, als wären sie besonders gut für unser Immunsystem. Unterstützt wird dabei meist nur eine ganz normale Funktion des Immunsystems. Mehr darf auch nicht versprochen werden. Das regelt die sogenannte EU-Claims-Verordnung. Auch “Immun plus” und “Immunkraftsaft” können also nicht mehr als andere Multivitaminsäfte. Nur wer sehr genau hinschaut, bekommt die Info, was wirklich hinter den Werbebotschaften steckt.

Aufklärung im Kleingedruckten: statt Superkraft nur alles „normal“

Was Vitamine und Mineralstoffe wirklich können, verrät uns oft erst das Kleingedruckte auf der Rückseite. Auf der Vorderseite sehen wir neben den angepriesenen Vitaminen dann nur ein Sternchen. Erst wenn wir die Verpackung umdrehen, bekommen wir die kleingedruckte Aufklärung: „Vitamin C trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei“. Dazu gibt es eigentlich ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass diese Praxis im Normalfall untersagt. Es besagt: Die oft praktizierte Sternchenlösung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Nämlich nur dann, wenn tatsächlich mit Platzmangel argumentiert werden kann. Die Auslegung von Platzmangel wird aus Sicht von foodwatch in vielen Fällen sehr großzügig interpretiert.

Manche Unternehmen reizen den rechtlichen Rahmen bis zum äußersten aus, um ihr Produkt in einem guten Licht erscheinen zu lassen.

foodwatch fordert: Jede Art von Irreführung muss ein Ende haben. Wir Konsument*innen haben ein Recht auf klar verständliche Lebensmittelverpackungen, die uns alle wichtigen Infos auf einen Blick geben.