Nachricht 11.06.2010

Bio Company: „Bio-Landbau leistet ein Zukunftsinvestment“

Georg Kaiser, Gründer der Lebensmittelkette Bio Company, fordert: Die Folgekosten der konventionellen Landwirtschaft für Umwelt und Gesundheit müssen umgelegt werden. Heute leiste der Bio-Landbau ein Zukunftsinvestment, das die Bio-Kunden bezahlten, so Kaiser. Profitieren würden jedoch eines Tages alle. Deshalb müsse dies über Abgaben geregelt werden, damit der Preis nicht mehr das überzeugende Argument ist, Bio nicht zu kaufen.

Georg Kaiser ist Gründer der Lebensmittelkette Bio Company und im Vorstand des Bundesverbandes Naturkost und Naturwaren Einzelhandel.

foodwatch: Gegessen wird immer, auch in der Krise. Laut einer aktuellen Umfrage wollen die Deutschen jedoch als Erstes beim Essen sparen. Macht Ihnen das Sorgen?  

Georg Kaiser: Ich bin relativ optimistisch, dass dieser Kelch an uns vorbeigeht. Denn Bio macht süchtig. Wenn sie eine Zeitlang Bio gegessen haben, dann können sie sich nur schwer an konventionelle Lebensmittel gewöhnen.  

foodwatch: Nach Jahren des Wachstums stagnierte der Marktanteil von Bio-Lebensmitteln 2009 erstmals, bei etwa 4 Prozent. Ist die Grenze damit schon erreicht?

Georg Kaiser: Tatsächlich stagnierte nur der Bio-Absatz im konventionellen Einzelhandel. Der Bio-Fachhandel hat 2009 wieder an Fahrt gewonnen. Die Grenze ist noch lange nicht erreicht, denn das gesamtgesellschaftliche Ziel muss heißen: 100 Prozent Bio, weil Bio die Normalität ist. Der konventionelle Landbau ist eine Perversion von dem, was mal Landwirtschaft war.  

foodwatch: Lassen sich Masse und Bio vereinen? Oder führt das zwangsläufig zu agrar-industriellen Strukturen, die man eigentlich nicht will?

Georg Kaiser: Zwei Schweinchen, zwei Schäfchen, dazu noch eine Kuh und alle haben sich lieb – das wird es so eh nicht geben, wenn alle ihr Essverhalten beibehalten. Wenn es aber einen gesellschaftlichen Wandel hin zu deutlich weniger Fleischkonsum geben würde, dann kann die Weltbevölkerung auch ernährt werden, ohne dass jemand verhungern muss. Aber solche Gewohnheiten ändern sich nicht von heute auf morgen, das braucht Generationen.

foodwatch: Viele Verbraucher können sich Bio nicht leisten...

Georg Kaiser: Ein Bio-Schwein steht ein Dreivierteljahr im Stall, bis es schlachtreif ist. Eine konventionelle Turbo-Sau schafft das in zwölf Wochen. Dieses halbe Jahr mehr muss das Schwein gefüttert werden, es hat mehr Auslauf, es wird nicht prophylaktisch mit Antibiotika behandelt, es kann also Ausfälle geben. All das führt dazu, dass Bio-Fleisch eben mindestens doppelt so teuer ist wie ein ALDI-Fleisch. Aber was passiert in der konventionellen Landwirtschaft? Da wird auf riesigen Schweinefarmen die Gülle abgepumpt und irgendwo bei Litauen auf der Ostsee verklappt. Solange das möglich ist, kann Bio beim Preis nicht mithalten.

foodwatch: Was muss sich ändern?

Georg Kaiser: In erster Linie müssten die Folgekosten der konventionellen Landwirtschaft für Umwelt und Gesundheit umgelegt werden. Bio-Landbau leistet heute Zukunftsinvestment. Das bezahlen die Bio-Kunden. Und alle anderen profitieren eines Tages davon. Das sollte über Abgaben geregelt werden, damit der Preis nicht mehr das überzeugende Argument ist, Bio nicht zu kaufen. Heute ist unser größter Verbündeter der Geschmack – Bio schmeckt einfach besser.

foodwatch: Die Erfolgsmarke Bionade haben Sie in einigen Bio-Company-Filialen aus dem Sortiment genommen. Warum?

Georg Kaiser: Unsere Philosophie ist es, möglichst viele kleine Strukturen zu unterstützen und zu erhalten, also mittelständische und handwerkliche Betriebe. An Bionade ist seit kurzem der Dr. Oetker Konzern maßgeblich beteiligt. Das sehen wir kritisch. Deshalb machen wir einen Test in einigen Märkten. Und wenn die Kunden akzeptieren, dass sie bei uns keine Bionade mehr bekommen, dann werden wir das durchziehen. Man muss sich das nur trauen. Als wir unseren Kunden erklärt haben, dass wir Volvic aus dem Programm genommen haben, weil es Danone gehört, fanden die das klasse. 

Korrektur (29. August 2011): In einer früheren Version hatte es geheißen: "Als wir unseren Kunden erklärt haben, dass wir Volvic aus dem Programm genommen haben, weil es Nestlé gehört, fanden die das klasse." Volvic gehört jedoch zum Lebensmittelkonzern Danone.