Nachricht 10.09.2014

Interview: Ingrid Kragl über den Start von foodwatch-Frankreich

foodwatch wird europäisch: Gut ein Jahr lang dauerten die Vorbereitungen für den Start des Pariser Büros. Seit Mai 2014 setzt sich foodwatch-Frankreich nun öffentlich für die Rechte der französichen Verbraucher ein. Ingrid Kragl, Büroleiterin des Pariser Büros, blickt im Interview zurück auf den fulminanten Start, berichtet von französischen Besonderheiten und wirft einen Blick in die Zukunft von foodwatch-Frankreich.

Liebe Ingrid, das Medienecho zum Auftakt von foodwatch-Frankreich war riesig – hattest Du damit gerechnet?

Obwohl foodwatch in den Niederlanden und in Deutschland schon seit Jahren recht erfolgreich ist, wussten wir natürlich nicht, was auf uns zukommt, wie wir in Frankreich ankommen würden. Die Medienaufmerksamkeit war dann in der Tat beeindruckend. Ein toller Start und ein gutes Omen für unsere Arbeit hier.

foodwatch-Frankreich kritisierte gleich zu Beginn mehrere Produkte wegen legalen Etikettenschwindels – haben die Hersteller der Produkte inzwischen reagiert und wenn ja, wie?

Unsere Kritik richtet sich gegen fünf Produkte, die jeder aus dem Supermarkt kennt. Eines der Produkte wird von „Leclerc“ produziert. Edouard Leclerc, Vorstandsvorsitzender dieses Konzerns, geriert sich in den Medien gern als sozialbewusster Unternehmer mit günstigen Produkten. Als unsere E-Mail-Aktion gegen eines seiner irreführenden Schinken-Produkte in wenigen Stunden 35.000 Unterstützer erreichte, schrieb er einen höhnischen Blogeintrag, in dem er sich über unsere Sicht der Dinge geradezu lustig machte. Letztlich führte das dazu, dass unsere Petition noch mehr unterstützen, inzwischen sind es knapp 100.000, und außerdem hat es sicher dazu beigetragen, dass vielen klar geworden ist, wie wichtig die Arbeit von foodwatch ist.

Ingrid Kragl, Leiterin des foodwatch-Büros in Frankreich

Wofür interessiert man sich in Frankreich, welche Themen spielen für foodwatch eine große Rolle?

Auch in Frankreich hasst man es, getäuscht und betrogen zu werden. Essen ist hier eine Art Religion. Deshalb waren viele Verbraucher erstmal geschockt, dass Produkte und Hersteller, denen sie seit Jahren vertrauen, alles andere als ehrlich sind. Und mehr noch: Dass die französischen Gesetze dies auch noch zulassen. Hinzukommt ein immer größeres Gesundheitsbewusstsein. Viele haben das Gefühl, sich aufgrund fehlender Informationen dauerhaft ungesund zu ernähren.

Worin liegt die größte Herausforderung bei der Arbeit in Frankreich?

Die Verbraucher und auch die Medien nehmen foodwatch-Frankreich ernst. Das ist sehr wichtig für unsere Arbeit. Und auch die Politik öffnet sich teilweise unseren Aktivitäten und Argumenten. Jetzt kommt es darauf an, Teil der politischen Debatte zu werden, sie zu beeinflussen. Denn das Ziel muss sein, dass die Industrie ihr unehrliches Produktionsverhalten ändern muss.

Wie geht es nach dem Start von foodwatch-Frankreich nun weiter, welche Pläne gibt es?

Wir werden weiter engagiert an unserem Thema „ruses légales“ – legaler Etikettenschwindel – arbeiten, natürlich versuchen, mehr und mehr Unterstützer für unsere Arbeit zu finden und eine weitere Kampagne entwickeln, die für die französischen Verbraucher relevant ist. foodwatch-Frankreich wird sich darüber hinaus an ersten europäischen foodwatch-Kampagnen beteiligen, gemeinsam mit den Kollegen aus den Niederlanden und Deutschland.

Mehr zur Arbeit von foodwatch-Frankreich: www.foodwatch.fr

Bild: mit fotolia. com - mozZz