Nachricht 16.01.2015

Fleisch für Schwarzwälder Schinken darf aus USA kommen

Vermeintliche Regionalprodukte sind nicht erst durch das geplante Freihandelsabkommen TTIP in Gefahr, sondern bereits heute häufig nicht so regional wie sie erscheinen. Auf Anfrage von foodwatch bestätigt die Europäische Kommission, dass bereits heute – ohne TTIP – Schweinefleisch aus den USA zu Schwarzwälder Schinken verarbeitet werden dürfte. Und das, obwohl der Traditionsschinken das offizielle EU-Siegel der „geschützten geografischen Angabe“ (kurz g.g.A) trägt.

Konkret teilte die Europäische Kommission in einer E-Mail an foodwatch mit: „'Schwarzwälder Schinken' ist eine geschützte geographische Angabe. Die Produktspezifikation beinhaltet keine Anforderung an die Herkunft der Rohstoffe. Somit könnte theoretisch das Ausgangsmaterial für die Herstellung (Schweinefleisch) auch aus den USA stammen.“

Fleisch aus dem Ausland – geräuchert im Schwarzwald

Tatsächlich muss bei den Produkten, die als „g.g.A“ anerkannt sind, nur ein Teil der Produktionsschritte in der genannten Region erfolgen. Beim Schwarzwälder Schinken muss etwa das Räuchern verbindlich im Schwarzwald erfolgen, das Fleisch kommt jedoch in der Regel aus anderen Regionen. foodwatch ist nicht bekannt, ob ein Hersteller von Schwarzwälder Schinken schon einmal Schweinefleisch aus den USA verarbeitet hat. Richtig ist jedoch: Zulässig wäre das bereits heute – die Standards für vermeintliche regionale Spezialitäten würden also nicht erst durch TTIP lax werden. Der Schwarzwälder Schinken ist da nur ein Beispiel von vielen.

Scheinheiligkeit der deutschen Lebensmittelbranche

Wenn also ein deutscher Hersteller Schwarzwälder Schinken mit Fleisch aus den USA herstellen würde, wäre das offenbar in Ordnung – wenn die Amerikaner den Schinken gleich noch selber räuchern wollten, soll die Grenze überschritten sein. Aus Sicht von foodwatch zeigt diese absurde Debatte die ganze Scheinheiligkeit der deutschen Lebensmittelbranche beim Thema Freihandelsabkommen. Und wenn die Bundesregierung ständig betont, die hohen europäischen Verbraucherstandards blieben erhalten, dann wird dabei eine Wahrheit verschwiegen: Die europäischen Standards sind in vielen Bereichen miserabel – was bei TTIP vollständig fehlt ist die Diskussion darüber, wie endlich bessere Standards auf beiden Seiten des Atlantiks geschaffen werden können.