Nachricht 17.03.2011

Bislang keine belasteten Lebensmittel in Deutschland

Fassungslos und betroffen verfolgen Menschen weltweit die Nachrichten aus dem Katastrophengebiet in Japan. Die Explosionen im havarierten Atomkraftwerk Fukushima schüren Ängste auch hierzulande und werfen Fragen über die Sicherheit von Nahrungsmitteln auf. Die freigesetzte Radioaktivität birgt ein hohes Risiko für die Menschen im direkten Umfeld des Kraftwerks. In Deutschland gibt es derzeit dagegen keinen Grund zur Sorge über die Strahlenbelastung von Lebensmitteln.

Rund 9.000 Kilometer Luftlinie trennen Deutschland und Japan. Doch die Angst vor der atomaren Katastrophe in Japan weckt Sorgen auch hierzulande. Viele Verbraucher fragen, welche Risiken für sie bestehen. Der Tschernobyl-GAU 1986 hatte schließlich dazu geführt, dass noch heute in manchen Regionen Bayerns Pilze oder Wild stark radioaktiv belastet sind.

Strahlenforscher empfiehlt permanente Kontrollen

Tatsächlich geht die größte Gefahr nicht von einer radioaktiven Wolke direkt aus, sagt Professor Herwig Paretzke vom Helmholtz-Zentrum München in einem Interview mit Spiegel Online – sondern von Nahrungsmitteln, die mit radioaktiven Jod- oder Cäsiumisotopen belastet sind. „In einer Stunde atmet ein Mensch nur etwa einen halben Kubikmeter Luft ein und aus. Ein Liter kontaminierter Milch enthält hingegen so viel Jod wie 600 Kubikmeter Luft“, erklärt der Strahlenphysiker. Auch Gewächshäuser könnten das in ihnen angebaute Obst oder Gemüse nicht vor einer Strahlenbelastung schützen, diese allenfalls halbieren. Um Sicherheit zu erreichen, empfiehlt er permanente Kontrollen.

Derzeit keine Gefahren für Verbraucher in Deutschland erwartet

Gehen radioaktive Partikel über Anbauflächen oder über dem Meer nieder, können dort produzierte Nahrungsmittel und Fische Strahlenwerte weit über den Grenzwerten aufweisen. Derzeit erwarten die Wissenschaftler des staatlichen Johann Heinrich von Thünen-Instituts Gefahren nur für den „Nahbereich" des havarierten Kraftwerks – für eine Region also, in denen die Infrastruktur nach dem verheerenden Erdbeben brachliegt und Nahrungsmittel derzeit nicht produziert werden. Eine Gefährdung der deutschen Bevölkerung schließen sie aus.

Nur wenige Lebensmittel aus Japan im Handel

Deutschland bezieht nur sehr wenige Lebensmittel aus Japan: Von mehr als 900.000 Tonnen importiertem Fisch stammen gerade einmal 60 Tonnen aus Japan, dazu kommen geringe Mengen Ingwer, Algen, grüner Tee, Reis und Nudelgerichte. Es gebe keine Erkenntnisse, dass sich radioaktiv belastete Lebensmittel aus Japan in Deutschland oder auf dem Weg nach Deutschland befänden, betonte das Bundesverbraucherministerium am 15. März. Seit dem Erdbeben sei der Handel mit Japan ohnehin fast vollständig zum Erliegen gekommen.

Belastung würde im Meer schnell verdünnt

Eine veränderte Situation könnte sich für den Fall ergeben, dass es zu größeren Fall-Outs kommt. Zum Beispiel über China, das viel mehr Lebensmittel nach Europa exportiert. Das Johann Heinrich von Thünen-Institut erwartet zudem, dass radioaktive Cäsium-Isotope „großflächig" über dem Pazifik verteilt würden, aus dem viele Speisefische gefangen werden – zum Beispiel der pazifische Pollack, besser bekannt unter dem Kunstnamen "Alaska-Seelachs", der häufig in Fischstäbchen verarbeitet wird. Eine solche Kontamination des Meerwassers würde sich nach Einschätzung der Wissenschaftler jedoch durch die Strömungen schnell verteilen und dabei auch „deutlich verdünnen".