Pressemitteilung 08.05.2023

Bisphenol A in Lebensmitteln gefährlicher als bisher angenommen – foodwatch: Bundesernährungsminister Özdemir muss Verbraucher:innen schützen

Nach einer aktuellen Warnung der EU-Lebensmittelbehörde EFSA vor Bisphenol A in Lebensmittelverpackungen fordert die Verbraucherorganisation foodwatch von Bundesernährungsminister Cem Özdemir das Verbot der Chemikalie. Das Hormongift stelle ein erhebliches Risiko für die menschliche Gesundheit dar und müsse aus Lebensmitteln verschwinden, so foodwatch. Die EFSA hat vor Kurzem den Grenzwert für BPA um ein Vielfaches heruntergestuft. BPA ist etwa in hartem Kunststoff und der Innenbeschichtung von Konservendosen enthalten und kann von dort aus in Lebensmittel übergehen. In Frankreich ist BPA bereits seit 2015 in allen Lebensmittelverpackungen verboten.

„Hormongifte haben in unserem Essen nichts verloren – Cem Özdemir muss die Verbraucher:innen schützen und Bisphenol A in Lebensmittelverpackungen verbieten. Solange die EU-Kommission nicht handelt, muss Özdemir die Chemikalie auf nationaler Ebene verbieten – genauso wie Frankreich es schon längst getan hat“, forderte Laura Knauf von foodwatch.

Die Wissenschaftler:innen der EFSA kamen in ihrer Neubewertung zum Schluss, BPA könnte schädliche Auswirkungen auf das Immunsystem haben. In Tierstudien wurde ein Zusammenhang mit allergischen Lungenentzündungen und Autoimmunerkrankungen beobachtet. Das Expertengremium der EFSA setzte den Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge („tolerable daily intake“ – TDI) deshalb deutlich herab. Beim TDI-Wert handelt es sich um die Menge, die im Laufe eines Lebens täglich aufgenommen werden kann, ohne dass ein nennenswertes Gesundheitsrisiko besteht. Der TDI wurde im Vergleich zum vorläufigen Wert von 2015 um den Faktor 20.000 gesenkt – von 4 Mikrogramm auf 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.

Bisphenol A ist eine chemische Verbindung, die im Körper eine hormonähnliche Wirkung entfalten kann. Sie ist weit verbreitet und wird etwa zur Herstellung des harten Kunststoffs Polycarbonat sowie von Epoxidharzen verwendet. Epoxidharze werden zur Innenbeschichtung von Konservendosen eingesetzt. Aufgrund seiner fortpflanzungs- und hormonschädigenden Wirkung ist BPA in der europäischen Chemikalienverordnung REACH als besonders besorgniserregender Stoff eingestuft. Seit 2011 ist Bisphenol A in der EU in Babyflaschen verboten. Seit 2020 darf es nicht mehr in Thermopapier, etwa für Kassenbons, verwendet werden.

In Deutschland ist das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für die Bewertung von Schadstoffen aus Lebensmittelverpackungen zuständig. Das BfR schlägt im Gegensatz zur EFSA einen höheren TDI von 0,2 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag vor. Dem BfR zufolge mangele es an aktuellen Daten über die Höhe der BPA-Belastung in der Bevölkerung.

foodwatch fordert – im Sinne des im Europarecht verankerten Vorsorgeprinzips – die Belastung mit BPA so niedrig wie möglich zu halten. Bundesernährungsminister Cem Özdemir müsse den Stoff deshalb in Lebensmittelverpackungen verbieten. Auf EU-Ebene müsse sich der Minister zudem für ein Verbot aller Bisphenole stark machen. Auch andere Bisphenole, etwa Bisphenol F und S, stuft die Europäische Chemikalienagentur als potenziell schädlich für das Hormonsystem ein.