CETA: Ein Freihandelsabkommen der neuen Generation

foodwatch hat nichts gegen internationalen Handel – er muss aber dem Wohlstand der Bürger dienen, und nicht den Gewinnen großer Unternehmen. Dem wird CETA nicht gerecht: Durch das Abkommen werden Standards eingefroren, instransparente Ausschüsse können weitreichende Entscheidungen treffen und durch Investitionsgerichte wird eine Paralleljustiz geschaffen. Gemeinsam mit Campact und Mehr Demokratie hat foodwatch Verfassungsbeschwerde gegen CETA eingereicht. 

Beim Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) der Europäischen Union mit Kanada handelt es sich um ein Freihandelsabkommen der neuen Generation, das heißt, es betrifft zu einem großen Teil auch den Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse. Hierzu gehören zum Beispiel Regulierungen im Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutz. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass unterschiedliche Standards in diesen Bereichen ein Hindernis für den freien Warenverkehr darstellen. 

Nach der Ansicht von foodwatch ist CETA demokratieschädlich. Das belegt auch ein von auch foodwatch beauftragtes Rechtsgutachten von Prof. Dr. Wolfgang Weiß, Professor für Völkerrecht an der Universität Speyer. 

foodwatch ist nicht gegen internationalen Handel oder Freihandelsabkommen. Diese müssen jedoch transparent verhandelt werden und faire Handelsbedingungen schaffen. Sie sollten dem Wohlstand aller Bürger dienen und nicht lediglich die Gewinne großer Unternehmen steigern. Diesen Voraussetzungen wird CETA nicht gerecht.

Intransparente Ausschüsse

Besonders problematisch sind die durch das CETA-Abkommen eingerichteten Ausschüsse, welche ohne die notwendige Transparenz oder demokratische Kontrolle weitreichende Befugnisse haben. Die Ausschüsse können das Abkommen mit ihren Beschlüssen weiterentwickeln, ergänzen, umsetzen oder auch ändern – ohne Rückkopplung an das Europäische Parlament. Damit können Exekutivorgane Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger Europas und Kanadas treffen, etwa über Hygienekontrollen beim Import von Fleisch oder die Sicherheitsstandards von Pestiziden. Gleichzeitig ist die Entscheidungsfindung in den Ausschüssen kaum nachvollziehbar, da wenige Informationen über deren Arbeit zugänglich gemacht werden. 

„Tritt CETA endgültig in Kraft, droht die Gefahr, dass Verbraucher- und Umweltschutzstandards auf niedrigem Niveau eingefroren oder sogar gesenkt werden – ohne dass gewählte Abgeordnete darüber entscheiden.“
Thilo Bode foodwatch-Gründer und Geschäftsführer

Standards werden eingefroren

Dies bedeutet, dass die Ausschüsse Entscheidungen zu wichtigen Regulierungen treffen können, wie zum Beispiel Schutzstandards im gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Bereich. Sie können bestimmen, wann Maßnahmen Kanadas als gleichwertig mit EU-Anforderungen anzusehen sind. Einmal so vereinbarte Standards können kaum wieder rückgängig gemacht oder angehoben werden. Denn sind sie erst im Rahmen von CETA als gleichwertig anerkannt, sind sie für die EU völkerrechtlich verbindlich. Änderungen können dann nur noch durch Verhandlungen zwischen den Vertragspartnern vorgenommen werden. Die Standards werden praktisch eingefroren. 

Paralleljustiz durch Investitionsgerichte 

Darüber hinaus werden Investitionsgerichte eingerichtet, vor denen kanadische Investoren die Europäische Union oder einzelne Mitgliedstaaten verklagen können. Damit wird eine Paralleljustiz geschaffen, die aus Sicht von foodwatch unzulässig und vom Bundesverfassungsgericht zu überprüfen ist. 

CETA wird vorläufig angewendet

CETA wurde am 30. Oktober 2016 von beiden Parteien unterzeichnet und wird seit dem 21. September 2017 vorläufig angewendet. Damit es vollständig in Kraft treten kann, muss CETA von den Parlamenten der 27 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Stimmt auch nur ein Mitgliedsstaat gegen CETA, ist das Abkommen gescheitert. 12 Mitgliedstaaten haben CETA noch nicht ratifiziert. Die vorläufige Anwendung endet, wenn alle EU-Mitglieder dem Rat mitgeteilt haben, dass sie ihre nationalen Ratifizierungsverfahren abgeschlossen haben. 

Unsere Verfassungsbeschwerde  

Campact, foodwatch und Mehr Demokratie haben beim Bundesverfassungsgericht Eilanträge eingereicht, um die vorläufige Anwendung von CETA zu verhindern. Das Gericht hat diese zwar abgelehnt, es hat die Bundesregierung aber verpflichtet sicherzustellen, dass Deutschland und andere Mitgliedstaaten die vorläufige Anwendung noch einseitig kündigen können. 

Das Bundesverfassungsgericht hat noch keine Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit von CETA getroffen. Die Anhörung zu der ebenfalls von foodwatch, Campact und Mehr Demokratie eingereichten Verfassungsbeschwerde zu diesem Thema wird für die erste Jahreshälfte 2021 erwartet. 

Neben der Verfassungsbeschwerde klärt foodwatch die Öffentlichkeit über die Gefahren der neuen Handelsabkommen auf. Das Buch „Die Freihandelslüge“ von foodwatch-Gründer Thilo Bode war 2015 mehrere Wochen auf den Bestsellerlisten in Deutschland. Darüber hinaus organisierte foodwatch zusammen mit anderen Organisationen Proteste sowohl gegen TTIP als auch CETA in Paris, Berlin und Amsterdam.