Nachricht 12.09.2011

Listerien-Tote: Ermittlungen gegen Ministerium eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Heilbronn hat die Ermittlungen gegen das baden-württembergische Verbraucherministerium eingestellt. Mehrere Menschen waren durch listerienbelasteten Käse gestorben, foodwatch hatte daraufhin im Mai 2010 Strafanzeige wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung oder Körperverletzung mit Todesfolge gestellt.

Um den Jahreswechsel 2009/2010 kam es zu mehreren Todesfällen, nachdem die Supermarktkette Lidl in Deutschland sowie Händler in Österreich mit Listerien belasteten Harzer Käse des Herstellers Prolactal verkauft hatten. Das zuständige Verbraucherministerium in Baden-Württemberg hatte seinerzeit keine eigene Meldung veröffentlicht, um die Verbraucher vor dem Verzehr des Käses zu warnen. foodwatch stellte daher Strafanzeige gegen die Verantwortlichen wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung bzw. Körperverletzung mit Todesfolge.

Staatsanwaltschaft: Behörde musste nicht informieren

Im Juni 2011 teilte die Staatsanwaltschaft Heilbronn foodwatch mit, dass sie die Ermittlungen gegen das Ministerium eingestellt hat. foodwatch hätte erst das Unmögliche beweisen müssen: dass eine bessere Informationspolitik Todesfälle verhindert hätte. Zudem sei die Behörde „nur subsidiär für eine ausreichende Verbraucherinformation zuständig“. Knackpunkt ist hier § 40 des deutschen Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Dieser besagt, dass "eine Information der Öffentlichkeit durch die Behörde nur zulässig [ist], wenn andere ebenso wirksame Maßnahmen, insbesondere eine Information der Öffentlichkeit durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer oder den Wirtschaftsbeteiligten, nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden". Konkret heißt das: Da Lidl bereits selbst über den Vorfall informiert hatte, mussten die Beamten nicht mehr aktiv werden. Absurd, denn ein Unternehmen kann durchaus ein Interesse daran haben, eigene Missstände in der Öffentlichkeit möglichst klein zu halten. Entsprechend zurückhaltend war auch die Empfehlung der Supermarktkette geraten, den Käse „aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes“ nicht zu essen – eine angesichts der tatsächlich lebensbedrohlichen Gefahr kaum angemessene Formulierung. Einen foodwatch-Antrag auf Akteneinsicht lehnte die Staatsanwaltschaft ab, weil gegen andere Beteiligte noch ermittelt werde.

Schwachstelle im Lebensmittelrecht

Der Fall zeigt deutlich eine Schwachstelle des deutschen Lebensmittelrechts: Die zuständigen Behörden können die Weitergabe gesundheitlich relevanter Informationen einfach den betroffenen Unternehmen überlassen. foodwatch fordert: Die Behörden müssen dazu verpflichtet werden, bei Gefahr von sich aus sofort und unmissverständlich die Öffentlichkeit umfassend zu informieren. In Österreich ist dies übrigens seit kurzem der Fall – eine Reaktion auf den Listerien-Fall.