Pressemitteilung 11.02.2014

Presse-Statement: foodwatch zu einem Jahr Pferdefleisch-Skandal

Ein Jahr nach dem Skandal um falsch deklariertes Pferdefleisch erklärt Thilo Bode, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch: 

Ein Jahr nach Bekanntwerden des Skandals sind die Bürger heute keinen Deut besser vor Betrug und den damit womöglich verbundenen Gesundheitsgefahren geschützt. Europas Lebensmittelsektor ist hochgradig betrugsanfällig. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Es gibt den freien Warenverkehr – aber keine adäquate Haftungsregelungen. Produkte kommen auf den Markt, ohne dass irgendjemand dafür ernsthaft in die Haftung genommen werden kann: Gerade Handelskonzerne können sich bei ihren Eigenmarken viel zu leicht aus der Verantwortung reden und auf irgendeinen Sub-Sub-Unternehmer in der Lieferkette verweisen. Ihnen kann es egal sein, aus welchen zwielichtigen Quellen Rohstoffe und Zutaten kommen. Solange das so bleibt, wird der Betrug auf Kosten der Verbraucher fröhlich weitergehen. 

Entscheidend ist es daher, die Haftungsfrage neu zu regeln: Wer seinen Namen auf ein Produkt schreibt, muss durch gesetzlich vorgeschriebene Qualitätskontrollen in die Haftung genommen werden können. Erst dadurch entsteht ein ökonomisches Eigeninteresse daran, die Produktqualität zu prüfen und zu überwachen, ob Lieferanten und Sub-Lieferanten in der gesamten Lieferkette sauber arbeiten. Und erst dann können die Unternehmen, deren Markennamen auf den Produkten stehen, bei einem Skandal mit Strafen sanktioniert werden, wenn sie fahrlässig oder vorsätzlich gegen ihre Pflichten verstoßen haben. Insbesondere der Handel muss per Gesetz zu Qualitätstests bei seinen Eigenmarken verpflichtet werden. 

Die Behörden müssen künftig ohne Ausnahme nicht nur bei Gesundheitsgefahren, sondern auch bei Betrugsfällen die Namen der betroffenen Produkte nennen, um Verbraucher vor Täuschungen zu schützen. Der Pferdefleischskandal hat gezeigt, dass die bisherigen Informationspflichten der Behörden ein Witz sind: Sie dienen nicht dem Schutz der Verbraucher, sondern dem Schutz der Betrüger, selbst wenn diese längst aufgeflogen sind. Es darf nicht noch einmal dazu kommen, dass Behörden Kenntnis von falsch deklarierten Produkten haben, die Namen der Öffentlichkeit unter Verweis auf die Rechtslage jedoch vorenthalten.“