Presse-Statement: foodwatch zu Pferdefleisch-Verdacht/Fleisch-Rückruf in den Niederlanden
Zum Rückruf von 50.000 Tonnen Fleisch in den Niederlanden mit Verdacht auf Pferdefleisch-Beimischungen erklärt Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch:
„Der Rückruf von 50.000 Tonnen Fleisch in den Niederlanden zeigt in erschreckender Deutlichkeit, dass bestehende Gesetze nicht durchgesetzt werden. Unternehmen und Behörden in ganz Europa haben offenbar überhaupt keinen Schimmer, wo das Fleisch herkommt – dabei ist die lückenlose Rückverfolgbarkeit seit Jahren europarechtlich vorgeschrieben.
Die Wirtschaftslobby hat sich bisher mit der Sichtweise durchgesetzt, dass ein Unternehmen nur seinen Lieferanten kennen muss und nicht alle Beteiligten in der gesamten Produktionskette. Dass ein niederländischer Großhändler seine offenbar undefinierte und damit auch potenziell unsichere Ware an Abnehmer in halb Europa verkaufen konnte beweist, dass genau diese Auffassung die Wurzel zahlreicher Lebensmittelskandale ist.
Würde von den Unternehmen auf jeder Handelsstufe verlangt, Auskunft über alle Vorstufen geben zu können, hätte kein seriöser Abnehmer bei dem holländischen Großhändler kaufen dürfen: Zwielichtige Ware wäre dann unverkäuflich. Wer sie dennoch kaufte, müsste gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden. Doch weil genau diese ,Kettenverantwortlichkeit' nicht verlangt wird, ist es in der europäischen Lebensmittelbranche eine bewährte Strategie, möglichst wenig über Lieferanten und Ware zu wissen, um billigste Rohstoffe einsetzen zu können. Es ist höchste Zeit, dass die EU die lückenlose Weitergabe der Informationen über alle Handelsstufen vorschreibt und dass die Mitgliedstaaten jeden Verstoß massiv ahnden.“
Hintergrund: Die „Rückverfolgbarkeit“ aller Zutaten eines Lebensmittels ist in Artikel 18 des europäischen Lebensmittelgrundgesetzes (EU-Basisverordnung 178/2002) für die gesamte Lebensmittelwirtschaft vorgeschrieben. Quelle: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2002R0178:20080325:de:PDF