Pressemitteilung 25.06.2021

Verbot von Junkfood-Werbung in Großbritannien: foodwatch fordert Beschränkungen des Kindermarketings auch für Deutschland

Nachdem die britische Regierung Werbung für Zuckerbomben und fettige Snacks an Kinder größtenteils verboten hat, fordert die Verbraucherorganisation foodwatch ähnliche Beschränkungen auch in Deutschland. Unternehmen wie McDonald’s, Coca-Cola und Nestlé machten mit bunten Verpackungen, TV-Werbespots und beliebten Social-Media-Influencern gezielt Marketing an Kinder. Damit torpedierten sie das Bemühen vieler Eltern, ihren Kindern eine ausgewogene Ernährung beizubringen. Die Bundesregierung müsse der Junkfood-Werbung an Kindern einen Riegel vorschieben, mahnte foodwatch.

In Großbritannien soll die Werbung für unausgewogene Lebensmittel zukünftig deutlich eingeschränkt werden. Ab Anfang 2022 dürfen TV-Werbespots für Produkte wie Softdrinks, überzuckerte Frühstücksflocken oder Burger nur noch nach 21 Uhr  gesendet werden, erklärte das britische Gesundheitsministerium am Donnerstag. Für das Internet gelten sogar noch strengere Regelungen: So dürfen Hersteller für ihre ungesunden Produkte keine bezahlte Online-Werbung mehr schalten. Nur die eigenen Kanäle wie Webseiten und Social Media sind von diesem Verbot ausgenommen. 

„Erst eine Limo-Steuer, jetzt ein striktes Junkfood-Werbeverbot: Großbritannien macht ernst im Kampf gegen die Adipositas-Epidemie. Die britische Regierung setzt um, was Fachorganisationen wie die WHO schon seit Jahren fordern. Die Bundesregierung hofft hingegen weiterhin vergeblich auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie. Ministerin Julia Klöckner traut sich offenbar nicht, das Problem der Junkfood-Werbung ernsthaft anzugehen und der Lebensmittellobby die Stirn zu bieten“, erklärte Saskia Reinbeck von foodwatch.

Fachorganisationen und Ärzteverbände fordern seit Jahren eine Beschränkung der Junkfood-Werbung. So sollten nur ausgewogene Lebensmittel an Kinder beworben werden dürfen. Auch der wissenschaftliche Beirat des Bundesernährungsministeriums (WBAE) empfiehlt in seinem Gutachten gesetzliche Regelungen und beschreibt die „unzureichende Effektivität freiwilliger Selbstkontrollen beim kinderbezogenen Marketing“. Das Gremium verweist auf internationale Erfahrungen, wonach in Ländern mit gesetzlichen Beschränkungen des Kindermarketings der Konsum von Junkfood im Zeitraum von 2002 bis 2016 um 8,9 Prozent gesunken ist. In Ländern mit freiwilligen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft ist der Konsum im gleichen Zeitraum hingegen um 1,7 Prozent gestiegen.

Fehlernährung ist bei Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Daten des Robert Koch-Instituts zufolge verzehren Kinder in Deutschland im Alter von sechs bis elf Jahren im Schnitt nicht einmal halb so viel Obst und Gemüse, aber mehr als doppelt so viele Süßwaren oder Snacks wie empfohlen. Aktuell gelten etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen als übergewichtig und sechs Prozent sogar als fettleibig – ihnen drohen im späteren Lebensverlauf Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen.

Laut einer Studie der Universität Hamburg sieht ein Kind in Deutschland durchschnittlich 15 Werbespots oder -anzeigen für ungesunde Lebensmittel pro Tag. Davon entfallen 5 auf das Internet und 10 auf das Fernsehen. 92 Prozent der Spots für Lebensmittel, die Kinder in Internet und TV wahrnehmen, bewerben ungesunde Produkte wie Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten (Fernsehen 89 Prozent, Internet 98 Prozent).