Nachricht 30.11.2018

Bundestag verlängert betäubungslose Ferkelkastration

Massiven Protesten zum Trotz hat der Bundestag ein Gesetz beschlossen, das die betäubungslose Kastration von männlichen Ferkeln für weitere zwei Jahre erlaubt. Eigentlich sollte ab dem kommenden Jahr Schluss sein mit dieser blutigen Praxis. Ein Erfolg für die Agrarlobby: Sie hatte sich mit Händen und Füßen gegen das Verbot gewährt.

Knapp 90.000 Menschen hatten sich an einer Aktion von foodwatch an die Abgeordneten des Bundestags gegen die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration beteiligt. Die Aktion wurde außerdem von vielen namhaften Organisationen, Vereinen und Stiftungen unterstützt, wie etwa der Tierschutzorganisation Vier Pfoten oder der Albert-Schweitzer Stiftung. foodwatch hatte die Aktion Anfang Oktober gestartet, direkt nachdem bekannt wurde, dass die Große Koalition das ursprünglich für den 1. Januar 2019 geplante Verbot verschieben wollte. Allen Unterstützerinnen und Unterstützern der foodwatch E-Mail-Aktion an dieser Stelle vielen Dank!

„Das grausame Mittelalter der betäubungslosen Ferkelkastration geht weiter. Dabei kann diese blutige und schmerzliche Tortur Millionen von männlichen Ferkeln sofort durch die Immunokastration erspart werden – ohne Risiken und Nebenwirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Es ist einer modernen, aufgeklärten Demokratie unwürdig, faule Machtkompromisse auf Kosten wehrloser junger Tiere zu schließen."
Matthias Wolfschmidt foodwatch

Das Abstimmungsergebnis

Trotz der Proteste zehntausender Menschen und zahlreicher Organisationen wurde im Deutschen Bundestag gestern am späten Abend beschlossen, die betäubungslose Ferkelkastration um weitere zwei Jahre zu verlängern. Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und AfD stimmten mehrheitlich für die Verlängerung, die Mehrheit der FDP-Fraktion enthielt sich, Grüne und Linke stimmten geschlossen dagegen. Es war eine namentliche Abstimmung, wodurch Bürgerinnen und Bürger nun die Ergebnisse einsehen und auch mit Postleitzahl nach Abgeordneten des eigenen Wahlkreises suchen können: Abstimmungsergebnis mit Suchmaske 

Antworten der Abgeordneten auf unsere Aktion:

CDU/CSU

Die CDU/CSU-Fraktion stimmte mehrheitlich für eine Verlängerung (224 von 246 Abgeordneten stimmten mit Ja). 

SPD

Die SPD-Fraktion stimmte mehrheitlich für eine Verlängerung (130 von 152 Abgeordneten stimmten mit Ja). 

AfD

Die Fraktion der AfD stimmte mehrheitlich für eine Verlängerung (65 von 92 Abgeordneten stimmten mit Ja). 

FDP

Die FDP-Fraktion enthielt sich mehrheitlich (71 von 80 Abgeordneten).

Die Linke

Die Fraktion DIE LINKE stimmte geschlossen gegen einer Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration.

Bündnis 90/Die Grünen

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen stimmte geschlossen gegen einer Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration.

Es gibt praxistaugliche Alternativen

Jahr für Jahr werden in Deutschland rund 20 Millionen Ferkel ohne Betäubung kastriert. Der Grund: Das Fleisch von männlichen Schweinen kann unter Umständen den sogenannten Ebergeruch annehmen, einen strengen Geruch und damit auch Beigeschmack. Das wird durch die Kastration verhindert. Es gibt jedoch schon längst Alternativen zu dem blutigen Ritual. Zum Beispiel eine Impfung, die so genannte Immunokastration. Für die Ferkel bedeutet das nur zwei Pikser. Und für Verbraucherinnen und Verbraucher, die das Schweinefleisch später verzehren, bringt die Impfung keinerlei Risiken und kaum Mehrkosten mit sich.

Deutsche Supermarktketten sind offen für Immunokastration

Auch die meisten deutschen Supermarktketten sprechen sich gegen die betäubungslose Kastration von Ferkeln aus. Aldi, Lidl & Co. haben keine Bedenken gegen tierschonende Alternativen wie die Immunokastration. Das ergab eine foodwatch-Umfrage unter neun großen Handelsunternehmen. Die Angaben der Supermarktketten widerlegen die Behauptung der Agrar- und Fleischlobby, wonach die Impfung vom Handel und den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht akzeptiert würde.

Der Protest geht weiter

foodwatch wird sich auch in den kommenden Jahren für das Verbot der betäubungslosen Kastration von Ferkeln einsetzen. Darüber hinaus fordert foodwatch alle Handelsketten auf, trotz Fristverlängerung ab 2019 kein Fleisch mehr von betäubungslos kastrierten Ferkeln zu verkaufen und die Immunokastration als erwiesenermaßen tierschonendste Form der Ferkelkastration zu akzeptieren.

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