Nachricht 07.08.2019

Eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch bringt nicht mehr Tierschutz

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Politiker von SPD, Grünen und Union haben sich für eine Erhöhrung der Mehrwertsteuer auf Fleisch von 7 auf 19 Prozent ausgesprochen. foodwatch hält das für den falschen Weg zu mehr Tierschutz. Und wer eine gesunde Ernährung fördern will, sollte stattdessen besser auf die Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse verzichten.

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, sagte der "Welt", es sei nicht zu erklären, warum Fleisch mit sieben Prozent besteuert werde und beispielsweise Hafermilch mit 19 Prozent. Die zusätzlichen Einnahmen müssten zum Wohl der Tiere eingesetzt werden. Das mag auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Tatsächlich kann aber eine Mehrwertsteuererhöhung für Fleisch die Probleme in der Nutztierhaltung nicht lösen. Am Ende zahlen die Verbraucher drauf, ohne dass den Tieren geholfen wird.

Gesetzliche Vorgaben für Tiergesundheit fehlen

Wenn Tiere künftig besser – das heißt vor allem gesund – gehalten werden sollen, muss ein akzeptabler Standard für die Tiergesundheit zur gesetzlichen Pflicht für alle Tierhalter werden. Eine wirklich tiergerechte Haltung kann mit einer höheren Mehrwertsteuer und Förderprämien für einzelne Betriebe niemals garantiert werden, sondern nur mit eindeutigen gesetzlichen Vorgaben für die Tiergesundheit.

Die Mehrwertsteuerdebatte lenkt nur von der eklatanten staatlichen Tierschutzverweigerung ab.
Matthias Wolfschmidt Internationaler Kampagnendirektor foodwatch

Seit 2002 steht Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz. Geschehen ist seither so gut wie nichts. Keine Partei, keine Regierung hat auch nur ansatzweise ein Tierschutzkonzept vorzuweisen, das die Tiere und ihre Gesundheit in den Mittelpunkt stellt. Im Bundesdurchschnitt schauen die für die Durchsetzung des Tierschutzes zuständigen staatlichen Veterinäre alle 15 Jahre in einem Stall vorbei, weil Personal und Geld fehlen. 

foodwatch fordert: Gesundheitsdaten erfassen!

Der erste Schritt muss sein: Behörden müssen betriebsgenau erfassen, wie gut oder schlecht es den Tieren in jedem einzelnen Tierhaltungsbetrieb geht – auf wissenschaftlichem Fundament, denn Tiergesundheit ist messbar. Daraus können konkrete Vorgaben abgeleitet werden, die jeder Bauernhof zu erfüllen hat und die sich in seinen Verkaufspreisen widerspiegeln müssen. Am Ende der Kette werden dadurch sicherlich auch höhere Preise für tiergerecht erzeugte Lebensmittel stehen – aber keine Scheinpolitik mit künstlichen Verteuerungen durch die Mehrwertsteuersätze.

... und Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse senken

Eine sinnvolle steuerpolitische Maßnahme wäre dagegen ein Wegfall der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse. Damit könnten die politischen Lippenbekenntnisse, gesunde Ernährung fördern zu wollen, auch durch fiskalische Taten unterfüttert werden. (mit dpa)