Nachricht 25.06.2021

Großbritannien verbietet Junkfood-Werbung

Im Kampf gegen Fettleibigkeit bei Kindern hat die britische Regierung das Marketing für Zuckerbomben und fettige Snacks im Fernsehen und Online eingeschränkt. Dem Beispiel sollte auch Deutschland folgen.

Im Kampf gegen Fettleibigkeit bei Kindern verschärft die britische Regierung die Regeln für TV- und Online-Werbung. Von 2023 an darf im Fernsehen nur noch zwischen 21.00 Uhr und 5.30 Uhr für Lebensmittel mit hohem Fett-, Salz- und Zuckergehalt geworben werden. Zudem dürfen Unternehmen keine bezahlte Online-Werbung für Junkfood mehr schalten, wie das Gesundheitsministerium in London am Donnerstag mitteilte. Betroffen sind unter anderem Produkte wie Schokolade, Softdrinks, Eis, Kekse, Chips und Pizza.

„Diese Beschränkungen werden dazu beitragen, Kinder vor der Entwicklung langfristig ungesunder Essgewohnheiten zu schützen und die Gesundheit des Landes zu verbessern“, betonte das Ministerium. Allerdings gibt es Ausnahmen. So gelten die Regeln für einzelne Produkte und nicht für ganze Produktlinien und nicht für Hersteller mit weniger als 250 Beschäftigten. Außerdem werden auch als gesund geltende Lebensmittel und Getränke, die etwa zu hohe Zuckergehalte aufweisen, ausgenommen, so kann etwa weiterhin für Honig, Olivenöl, Avocados und den beliebten Brotaufstrich Marmite geworben werden.

Erst eine Limo-Steuer, jetzt ein Junkfood-Werbeverbot: Großbritannien macht ernst im Kampf gegen die Adipositas-Epidemie. Die britische Regierung setzt um, was Fachorganisationen wie die WHO schon seit Jahren fordern.
Saskia Reinbeck foodwatch


Die Bundesregierung setzt hingegen weiter vergeblich auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie. Ministerin Julia Klöckner traut sich offenbar nicht, das Problem der Junkfood-Werbung ernsthaft anzugehen und der Lebensmittellobby die Stirn zu bieten. Dabei fordern Fachorganisationen und Ärzteverbände schon seit Jahren, das Junkfood-Marketing zu beschränken: Nur noch ausgewogene Produkte sollten hierzulande an Kinder beworben werden dürfen.

Freiwillige Selbstverpflichtungen führen zu mehr Junkfood-Konsum

Auch der wissenschaftliche Beirat des Bundesernährungsministeriums (WBAE) empfiehlt in seinem Gutachten gesetzliche Regelungen und beschreibt die „unzureichende Effektivität freiwilliger Selbstkontrollen beim kinderbezogenen Marketing“. Das Gremium verweist auf internationale Erfahrungen, wonach in Ländern mit gesetzlichen Beschränkungen des Kindermarketings der Konsum von Junkfood im Zeitraum von 2002 bis 2016 um 8,9 Prozent gesunken ist. In Ländern mit freiwilligen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft ist der Konsum im gleichen Zeitraum hingegen um 1,7 Prozent gestiegen.

Fehlernährung hat fatale Folgen

Fehlernährung ist bei Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Daten des Robert Koch-Instituts zufolge verzehren Kinder in Deutschland im Alter von sechs bis elf Jahren im Schnitt nicht einmal halb so viel Obst und Gemüse, aber mehr als doppelt so viele Süßwaren oder Snacks wie empfohlen. Aktuell gelten etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen als übergewichtig und sechs Prozent sogar als fettleibig – ihnen drohen im späteren Lebensverlauf Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen.

Werbung auch über Social-Media-Influencer

Die Lebensmittelindustrie trägt eine Mitverantwortung: Unternehmen wie McDonald’s, Coca-Cola und Nestlé machen mit bunten Verpackungen, TV-Werbespots und beliebten Social-Media-Influencern gezielt Marketing an Kinder. Damit torpedieren sie das Bemühen vieler Eltern, ihren Kindern eine ausgewogene Ernährung beizubringen.