Nachricht 18.02.2022

Plastikflut im Gemüseregal

picture alliance / norbert schmidt

Jedes Jahr entsteht tonnenweise Plastikmüll durch den Verkauf von vorverpacktem Obst und Gemüse. In Frankreich sind Plastikverpackungen für Bananen, Brokkoli und Co. seit Anfang des Jahres verboten. Es gibt gute Gründe, warum auch Deutschland auf unverpackt umsteigen sollte.

Wer kennt ihn nicht: Den Anblick von Paprika oder Äpfeln in Plastikverpackungen. Sogar geschnittene Zwiebelringe und Kartoffelscheiben werden mittlerweile verkauft, natürlich aufwändig verpackt. Weil die Industrie massenweise Obst und Gemüse vorverpackt, entstehen in Deutschland jedes Jahr rund 66.000 Tonnen Plastikmüll. Deutschland ist damit in Europa Spitzenreiter beim Verpackungsmüll –  Tendenz steigend! Gerade einmal rund vier Prozent des verkauften Obsts und Gemüses bleibt am Ende unverpackt.  

Frankreich verbietet Plastikverpackungen 

Dass wir auf das Plastik einfach verzichten können, beweist unser Nachbarland Frankreich: Dort werden seit Anfang des Jahres viele Obst- und Gemüsesorten nur noch unverpackt angeboten. Angefangen hat man mit unempfindlichen Sorten wie Auberginen, Äpfeln, Lauch, Kartoffeln, Gurken sowie Zitrusfrüchten. Spätestens 2026 soll das gesamte Sortiment ohne Plastikverpackungen verkauft werden.

Der verschwenderische Umgang mit Plastik befeuert den Klimawandel, der Müll kostet Millionen von Meerestieren das Leben. Dabei sind Verpackungen für Obst und Gemüse meist gar nicht notwendig.
Chris Methmann Geschäftsführer von foodwatch Deutschland

Mythos „Haltbarkeit“ und „Hygiene“

Es gibt gute Gründe, warum auch Deutschland auf unverpackt umsteigen sollte. Die Verpackungsflut ist schlecht für’s Klima und die Umwelt – noch dazu sind die meisten Plastikverpackungen in der Frischeabteilung absolut unnötig. Der Discounter Aldi hat zum Beispiel bei seinen in Plastik eingeschweißten Salatgurken  einen Haltbarkeitstest durchgeführt. Das Ergebnis: Die Gurke hält ohne Plastik genauso lange, wenn man an einigen Stellschrauben dreht. Bei manchen Obst- und Gemüsesorten führt gerade die zusammengedrückte Lagerung in der Verpackung zu Druckstellen. Darüber hinaus kann ein Verzicht auf Verpackungen auch der Lebensmittelverschwendung vorbeugen. Denn wenn Waren lose angeboten werden, können Verbraucher:innen genau so viel einkaufen, wie sie tatsächlich brauchen. Eine Paprika statt drei, ein Pfund Möhren statt ein ganzes Kilo zum Beispiel.

Die Industrie begründet den Einsatz von Plastikverpackungen auch mit der Verringerung von Keimen und Schadstoffen auf der Ware. Doch die größte Keim- und Schadstoffbelastung findet bereits während des Herstellungsprozesses, also während des Anbaus oder der Ernte, statt. Die Belastung im Supermarkt ist vergleichsweise gering, denn durch getrennte Logistik und optimierte Hygienestandards kann man Keime gut reduzieren. Grundsätzlich sollte jedes Gemüse und Obst vor dem Verzehr gewaschen werden – egal ob verpackt oder unverpackt. Denn auf der Oberfläche von Früchten und Gemüse können sich nicht nur Schadstoffe befinden, sondern auch Rückstände von Pestiziden, Bakterien oder Schimmelpilzen.

Unverpackt muss Standard werden

Zur Wahrheit gehört: Obst und Gemüse wird auch in Pappe, Papier und Karton vorverpackt verkauft. Auch diese Materialien werden unter erheblichem Ressourcenaufwand produziert. Sie haben in der Regel keine bessere Öko-Bilanz als materialeffizientere Kunststoffverpackungen. Zudem landet lose angebotene Ware oftmals in Hemdchenbeuteln (die kleinen, dünnen Plastiktütchen, die Supermärkte kostenfrei anbieten) oder Papiertüten. Auch diese Verpackungen müssen langfristig aus den Supermarktregalen verschwinden. Die Verbraucher:innen sollten stattdessen dabei unterstützt werden, mit Mehrwegbeuteln und -netzen einzukaufen.

 Sicher ist es bei empfindlichen Waren schwieriger, diese unverpackt anzubieten. Die französische Regierung gewährt den Herstellern hier deshalb eine längere Frist, um auf die Verpackung zu verzichten. Und sie unterstützt die Firmen dabei, Lösungen zu finden. Auch in Deutschland muss die Bundesregierung dringend eingreifen, um die Verpackungsflut bei Lebensmitteln in den Griff zu bekommen. Unverpacktes muss zum Standard im Supermarkt werden!

Geldbeutel darf nicht entscheidend sein!

Viele Verbraucher:innen wollen auch heute schon unverpackt einkaufen. Aber nicht jede:r hat einen Wochenmarkt um die Ecke. Hinzu kommt: Ausgerechnet lose Produkte sind oft teurer. Das hat die Verbraucherzentrale Hamburg 2019 in einem Test von verschiedenen Supermärkten nachgewiesen. Wir finden: Es muss für Verbraucher:innen möglich sein, auf Verpackungen zu verzichten, ohne einen höheren Preis zu zahlen oder längere Wege in Kauf nehmen zu müssen!

Plastikflut eindämmen: Obst und Gemüse unverpackt!

Unterstützen Sie jetzt unsere Protestaktion an Umweltministerin Steffi Lemke: Überflüssiges Plastik muss umgehend aus den Supermarktregalen verbannt werden. Unverpacktes Obst und Gemüse muss der Standard werden!

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