„Antrag abgelehnt“

Hallo und guten Tag,

Julia Klöckner und Nestlé – da war doch was. Genau: Nach einem Treffen mit dem Chef des Megakonzerns war der Bundesernährungsministerin nichts Besseres eingefallen, als ein Video über die sozialen Medien zu verbreiten, das sie bei allzu distanzlosen Plaudereien mit dem Top-Manager zeigte. Frau Klöckner handelte sich damit viel Kritik ein. Auffällig, dass seither nur punktuell Informationen durchsickern: Welche Lobbyistinnen und Lobbyisten werden im Ministerium vorstellig? Wem gewähren Ministerin Klöckner und ihre Staatssekretäre Termine? Wann hören sie auf die Einflüsterer von Konzernen oder Wirtschaftsverbänden und entscheiden dabei gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger? Auf welche Gesetze wird dabei Einfluss genommen?

Wir finden: Die Antworten auf diese Fragen sollten öffentlich werden! Schließlich dreht sich alles im Ernährungsministerium um Themen, die uns alle jeden Tag direkt beschäftigen: Es geht um sichere Lebensmittel, um Grenzwerte und Zusatzstoffe, um Pestizide und Regeln für die Tierhaltung. Setzen Sie sich mit uns dafür ein, dass der Lobby-Einfluss nicht länger hinter verschlossenen Türen stattfinden darf – unterstützen Sie unsere Arbeit und werden Sie jetzt Förderin/Förderer von foodwatch!

Wenn Julia Klöckner nicht von sich aus über ihre Termine informiert, dann dachten wir uns: Fragen wir eben nach. Denn zum Glück gibt uns das Informationsfreiheitsgesetz ein Recht auf amtliche Informationen. Wir beantragten daher beim Ernährungsministerium beispielhaft für einen Monat Auskunft über alle Lobby-Termine der Ministerin und ihrer Staatssekretär*innen laut Terminkalender, mitsamt der offiziellen Gesprächsprotokolle.

Die Antwort kam weit nach der gesetzlichen Frist für solche Auskünfte – und sie war deutlich. „Der Antrag wird abgelehnt“, schrieb uns Klöckners Ministerium. Mit einer Begründung, die in ihrer Unverfrorenheit schon fast wieder originell ist:

  • Erstens könne man uns „aus Sicherheitsgründen“ keine Auskunft über die Lobby-Termine geben. Über Termine, die in der Vergangenheit stattgefunden hatten, wohlgemerkt – denn daraus könnte jemand ein Bewegungsprofil erstellen. Will uns das Ministerium damit etwa sagen, dass Frau Klöckner Nestlé, Mars, den Bauernverband & Co. jeden Monat in der gleichen Reihenfolge besucht? Diese Begründung ist absurd – auch deshalb, weil die Pressestelle des Ministeriums selbst jede Woche eine – wenn auch kleine und unvollständige – Auswahl von Terminen der Ministerin sogar im Vorfeld öffentlich macht und hierbei offenbar so gar keine Sicherheitsbedenken hegt…
     
  • Die zweite Begründung, mit der das Ministeriums unseren Auskunftsantrag ablehnte, macht es nur noch abstruser: Es gebe eine „solche Vielzahl“ von Lobby-Kontakten, heißt es in dem Bescheid, dass „jede Auskunft“ geeignet wäre, „sich dem Vorwurf mangelnder Vollständigkeit auszusetzen“. Mit anderen Worten: Frau Klöckner spricht mit so vielen Lobbyisten, dass es schwierig ist, den Überblick zu bewahren – und deshalb gibt es für die interessierte Öffentlichkeit besser gleich gar keine Informationen… Wenn das Thema nicht so ernst wäre, man müsste die Verfasser des Bescheids für den Deutschen Kabarettpreis nominieren!

Wir halten diese Gründe natürlich für vorgeschoben, liebe foodwatch-Interessierte. Offenbar will Frau Klöckner, dass ihre Lobby-Kontakte auch weiterhin geheim bleiben. Das wollen und das werden wir nicht akzeptieren! Bitte helfen Sie uns, jetzt weitere Schritte einzuleiten und werden Sie jetzt Förderin/Förderer von foodwatch!

Was können wir nach diesem unverschämten Bescheid unternehmen? Als erstes haben wir Widerspruch eingelegt – das ist aus formalen Gründen nötig, auch wenn wir uns nicht viel davon versprechen. Denn entscheiden muss über unseren Widerspruch erneut das Bundesernährungsministerium von Julia Klöckner. Doch wir sind fest entschlossen, den Fall auch vor Gericht zu bringen, wenn unser Widerspruch erwartungsgemäß keinen Erfolg hat. Eine gute Kanzlei steht uns zur Seite und will mit uns die Auskunftsrechte durchsetzen – es könnte ein Musterfall werden für die Frage, wie transparent die Bundesregierung bei Lobby-Kontakten arbeiten muss. Womöglich wird es mehrere Jahre dauern, bis ein endgültiges Urteil vorliegt. Doch wir halten es für wichtig, diesen Fall jetzt durchzuziehen, auch wenn ein solcher Prozess nicht billig werden dürfte – und nach dieser Antwort des Klöckner-Ministeriums erst recht!

Bitte helfen Sie mit, diese Klärung zu ermöglichen und Transparenz über die Lobby-Kontakte von Ministerin Klöckner und ihrer Staatssekretäre durchzusetzen. Stärken Sie uns in dieser Auseinandersetzung mit dem Ministerium und unterstützen Sie unsere Arbeit als Fördermitglied!

Interessen zu vertreten, ist völlig legitim, liebe Leserinnen und Leser. Auch wir von foodwatch vertreten Interessen, nämlich die von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Problematisch wird es, wenn Lobbyeinfluss einseitig zugunsten von Agrarindustrie und Großkonzernen stattfindet – und zu Lasten von Menschen oder Umwelt geht. Diese Gefahr ist umso größer, je weniger transparent die Einflussnahme abläuft. Deshalb hat die Öffentlichkeit ein Recht zu erfahren: Wie viele Lobbyisten von Nestlé, Bayer-Monsanto & Co, die allein den kommerziellen Zielen ihrer Unternehmen verpflichtet sind, versuchen bei Frau Klöckner Einfluss auf Gesetze zu nehmen? Wie aktuell diese Auseinandersetzung ist, zeigt auch die Posse um das Lobby-Register. Lange gefordert, um Transparenz über Einflussnahme von Verbänden und Unternehmen auf die Politik zu schaffen, hat die Lobby-Affäre um Philipp Amthor hier endlich frischen Wind in die festgefahrene Debatte gebracht – jenen jungen Politiker, der als Bundestagsabgeordneter Lobbyarbeit für eine umstrittene IT-Firma machte, mit der er selbst verbandelt war. Doch als die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD endlich ihren Gesetzentwurf vorlegten, war ausgerechnet die Lobbyarbeit bei der Regierung, also dem Kanzleramt und den Ministerien, von den Transparenzpflichten zunächst ausgenommen

Wie gut das Gesetz am Ende wird, ist noch völlig offen – ebenso wie der Ausgang unseres Rechtsstreits mit dem Klöckner-Ministerium. Bitte stärken Sie unserer Arbeit dem Rücken. Und damit dem Ziel, Licht ins Dunkel der Lobbytätigkeiten beim Klöckner-Ministerium zu bringen. Werden Sie jetzt Förderin/Förderer bei foodwatch!

Vielen Dank und herzliche Grüße
Ihr     
Martin Rücker
Geschäftsführer foodwatch