Hintergrund

Extreme Candy: TikTok Süßigkeiten im Kinderzimmer

Grellbunte Lutscher, saure Sprays, scharfe Chips – das Geschäft mit sogenannten „Extreme Candies“ boomt. Was harmlos aussieht, birgt teils gefährliche Risiken für Kinder. Eine aktuelle Untersuchung von foodwatch zeigt, wie sehr Kinder und Jugendliche dabei im Fokus stehen und warum Behörden dringend handeln müssen. 

Candyshops in Deutschland: Kinder als Zielgruppe 

Was früher über Fernsehspots und Plakaten zu sehen war, wird heute über TikTok und Instagram als wichtigsten Werbekanälen vermarktet: Süßigkeiten aus den USA, Japan oder China sind unter jungen Leuten ein regelrechter Hype. In trendigen Candyshops oder online bestellen Kinder sich Produkte, die sie stolz in eigenen Videos oder gegenüber ihren Freund:innen präsentieren – oft ohne zu wissen, was eigentlich drinsteckt. 

Und das ist das Problem: In einer Stichprobe hat foodwatch zahlreiche Verstöße gegen die Vorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung entdeckt. Fehlende Zutatenlisten, keine Warnhinweise – sogar bei Zusatzstoffen wie Azofarbstoffen, welche die Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen können, fehlen immer wieder die gesetzlich vorgeschriebenen Hinweise. 

Azofarbstoffe können Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen 

Viele der untersuchten Produkte enthalten einen regelrechten Cocktail aus bedenklichen Substanzen. Darunter Azofarbstoffe, die im Verdacht stehen, Hyperaktivität auszulösen, oder Konservierungsmittel wie BHT, das möglicherweise den Hormonhaushalt stört. Auch das in manchen süßen Backwaren verwendete Antioxidationsmittel TBHQ gilt als möglicherweise krebserregend.  

Besonders problematisch: Candy-Sprays mit hoher Zitronensäurekonzentration, die nicht nur Kinderzähne massiv angreifen, sondern bei falscher Anwendung Haut und Augen reizen können. Einige dieser Produkte tragen Altersempfehlungen – doch wie ernst nimmt ein TikTok-Publikum das, wenn der Inhalt cool aussieht?

Fotostrecke: Extreme Candy

Fotostrecke 06.05.2025

Zucker, Zusatzstoffe, TikTok– eine riskante Mischung 

Dabei sind es genau diese Produkte, die durch besonders schrilles Marketing auf Kinder und Jugendliche zielen. Challenges, in denen man sich mit scharfen Chips oder sauren Bonbons „beweist“, viral gehende „Boxing-Videos“, in denen Bestellungen von den Candyshops öffentlich gepackt werden – all das soll Likes bringen. Und Umsatz.

Die Strategie ist erfolgreich: Videos mit Millionenaufrufen zeigen Vierjährige mit Zuckerflocken, die Azofarbstoffe enthalten. Ein fünfjähriges Mädchen bekommt extrem saure Bonbons geschenkt – auf offener Straße, gefilmt und gefeiert und für Milchzähne besonders schädlich. 

Was foodwatch fordert 

  • Bessere Kontrolle von Onlineshops, zentral auf Bundesebene. 
  • Erhöhung der Mindestschriftgröße auf Verpackungen. 
  • Konsequentes Verbot bedenklicher Zusatzstoffe, basierend auf dem Vorsorgeprinzip. 
  • Ein Werbeverbot für ungesunde Produkte in sozialen Medien, speziell zum Schutz Minderjähriger. 

Solange Kinder per Algorithmus direkt mit Werbung für überzuckerte Zusatzstoffcocktails bespielt werden, solange Behörden die Augen vor Kennzeichnungsverstößen verschließen und solange Likes wichtiger sind als Sicherheit, wird der Hype weitergehen. Auf Kosten der Gesundheit – und mit voller Wucht ins Kinderzimmer. 

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