Reform der Finanzmarktrichtlinie

Ein Mann liest eine Zeitung mit der Überschrift „Business“. Foto: Olu Eletu/unsplash

2014 wurde die Reform jenes Gesetzes beschlossen, das fortan in der EU die Terminmärkte für Nahrungsmittel reguliert und ab Januar 2018 endgültig in Kraft tritt: die „Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente“, kurz „MiFID“. Es wurden neue Handelsgrenzen eingeführt, sowie Transparenzvorschriften für die Börsen.

foodwatch sah damals das Gesetz als verfehlt an, vor allem weil man die letzte Entscheidung über die Handelsgrenzen nicht einer zentralen europäischen Behörde, sondern den EU-Staaten überließ, die – wie Großbritannien oder Frankreich – aber kaum harte Grenzen einführen, um ihren Markt nicht zu schmälern. Auch wurden Unternehmen, die anders als Banken und Versicherer ein tatsächliches Interesse an der der physischen Ware haben, komplett von den Handelsgrenzen befreit, obwohl auch sie kräftig spekulieren und manipulieren. So gab es 2015 in den USA eine Millionenstrafe für den drittgrößten Nahrungsmittelkonzern der Welt Mondelez (früher Kraft) für Manipulation des US-Weizenterminmarkts.

In den letzten drei Jahren wurden zur Umsetzung des neuen Gesetzes zahlreiche sogenannte „technische Standards“ von der EU-Aufsichtsbehörde ESMA und der EU-Kommission entwickelt. Dazu gehörte insbesondere, dass die EU die Handelsgrenzen näher durch eine „Methodologie“ festgelegt und die Regeln für „Nebentätigkeiten“ definiert hat, die ein Unternehmen noch von der vollen Anwendung des neuen Gesetzes ausnehmen. Diese Standards wurden im Frühjahr 2017 endgültig vom EU-Parlament und EU-Ministerrat akzeptiert.

Bankenlobby erkämpfte Schlupflöcher

Wer gehofft hatte, ESMA und EU-Kommission würden zumindest die Spielräume nutzen und das Beste aus dem schwachen Gesetzesbeschluss machen, wird enttäuscht. Die Lobby der Banken und Nahrungsmittelkonzerne hat erfolgreich hinter den Kulissen agiert, damit die technischen Standards so weich wie möglich ausfallen. Wie eine Detailanalyse zeigt, ist das Ergebnis deshalb ernüchternd.
Das liegt zum einen an einigen weitgehenden Ausnahmen: So müssen Banken die Handelsgrenzen nur für jeden einzelnen Finanzfonds einhalten, aber nicht für den gesamten Konzern. Die oben erwähnten Unternehmen, die nicht Banken und ähnliches sind, sondern physischen Handel betreiben, werden zwar nicht komplett von den Grenzen ausgenommen, erhalten aber zahlreiche Ausnahmen bis hin zur sogenannten „Portfolio-Absicherung“, bei der  kein klarer Zusammenhang des Sicherungsgeschäfts mit einem Realgeschäft mehr nachgewiesen werden muss. Auch können diese Unternehmen sehr weit spekulative Geschäfte treiben, bevor sie von den anderen Regeln des neuen Gesetzes erfasst sind und eine Lizenz als Finanzspekulant erwerben müssen.

Doch selbst wo die Grenzen greifen, bleiben sie zu schwach. Die Standards sehen zwar Sonderregeln für Nahrungsmittel vor, doch auch hier können – bei kleinen Märkten – einzelne Spekulanten bis zu 50 Prozent der Verträge in einem Markt halten. Die Grenze für größere Märkte ist mit 35 Prozent immer noch sehr hoch. Zum Vergleich: In den USA lagen die realen Werte für Agrarrohstoffe im Jahr 2015 deutlich niedriger, in einer Spanne von 4,1 Prozent (Weizen) bis zu 15,3 Prozent (Mais).

Der exzessiven Spekulation mit Nahrungsmitteln wird deshalb mit diesen neuen Standards nur ein dünner Riegel vorgeschoben.