Unsere Erfolge

Seit 20 Jahren kämpft foodwatch für die Rechte von Verbraucher:innen. Woran macht sich der Erfolg unserer Arbeit fest?

foodwatch hat schon einiges erreicht: Wir haben Werbelügen aufgedeckt, den Schutz der Verbraucher:innen vor unsicheren Lebensmitteln und Täuschung verbessert, mehr Informationsrechte erkämpft. Unser größter Erfolg ist aber, dass wir die öffentliche Debatte verändert haben. Ernährung ist ein politisches Thema geworden. Heute ist viel klarer: Vermeintlich kluges Einkaufen der Einzelnen ist nicht die Lösung. In der Öffentlichkeit bilden wir ein Gegengewicht zur einflussreichen Agrar- und Lebensmittellobby und sind geschätzte Ansprechpartner für die Medien. Und das nicht nur in Deutschland! In 20 Jahren ist foodwatch zu einer europäischen Organisation gewachsen, mit Büros in Berlin, Paris, Amsterdam, Wien und Brüssel. Was wir seit 2002 konkret erreicht haben? Hier ist eine Übersicht der Kampagnenerfolge der letzten 20 Jahre:

Von Ampel bis Windbeutel – Beispiele für Kampagnenerfolge

rvlsoft - Fotolia

Acrylamid kann beim Backen entstehen und steht im Verdacht, krebserregend und erbgutschädigend zu sein. Viele Lebensmittel wie zum Beispiel Gebäck, Chips oder Pommes frites sind betroffen.

Was wir schon erreicht haben

2002 hat foodwatch erstmals Lebkuchen und Spekulatius auf Acrylamid getestet. Immer wieder machte foodwatch in den folgenden Jahren die Belastung von Chips und Weihnachtsgebäck öffentlich – viele Hersteller haben daraufhin die Produktion geändert, um niedrigere Werte zu erzielen.

Was noch fehlt

 Eine gesetzliche Regelung, die den Acrylamid-Gehalt in Lebensmitteln minimiert.

Mit einer verpflichtenden „Lebensmittelampel“ könnten Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf ganz einfach auf einen Blick erkennen, wie viel Zucker, Fett, Salz und Co. in einem Lebensmittel stecken. Ärzt:innen und Gesundheitsexpert:innen sind sich einig: Eine Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Fehlernährung und Übergewicht.

Was wir schon erreicht haben

Jahrelang kämpfte foodwatch – gemeinsam mit Verbündeten wie Kinderärzt:innen und Krankenkassen – in Berlin und Brüssel für die Ampelkennzeichnung und gegen den Lobby-Einfluss der Industrie. Mit Erfolg: Seit Herbst 2020 dürfen Hersteller in Deutschland den Nutri-Score offiziell verwenden.

Was noch fehlt

Einige Lebensmittel im Supermarkt tragen bereits den Nutri-Score – aber längst nicht alle. Dabei kann die verbraucherfreundliche Lebensmittelampel ihre Wirkung nur dann voll entfalten, wenn die Verbraucher:innen Produkte auf einen Blick miteinander vergleichen können. Die EU-Kommission will Ende 2022 einen Vorschlag für eine Nährwertkennzeichnung präsentieren – foodwatch setzt sich für die verpflichtende Einführung des Nutri-Score in ganz Europa ein.

Wie sauber ist es im Restaurant um die Ecke? Theoretisch kann jede:r das erfragen, und sich aauf das Verbraucherinformationsgesetzes berufen. Doch in der Praxis scheiterte dies bislang oft am Aufwand und an den Behörden: Sie sträubten sich, solche Anfragen überhaupt zu beantworten, oder verlangten teils Gebühren in vierstelliger Höhe.

Was wir erreicht haben

Im Januar 2019 starteten wir gemeinsam mit „Frag den Staat“ die Mitmach-Plattform „Topf Secret“. Hier kann jede:r mit wenigen Klicks die Ergebnisse amtlicher Kontrollen erfragen und später veröffentlichen. Die betroffenen Betriebe machten daraufhin mobil, unterstützt durch den Gastro-Lobbyverband Dehoga. Bundesweit reichten sie Klagen ein. Doch Monat für Monat schmetterten Gerichte in Deutschland diese Klagen ab. Mit dem letzte Urteil in Schleswig-Holstein ist nun klar: Bürger:innen haben ein Recht auf Zugang zu den Kontrollergebnissen!

Was noch fehlt

Behörden sollten Kontrollergebnisse nicht nur auf Anfrage, sondern pro-aktiv veröffentlichen. So wie in Dänemark: Dort hat sich die Quote der beanstandeten Unternehmen halbiert, seit ein Smiley an jeder Ladentür und im Internet das Ergebnis der letzten Kontrolle zeigt.

foodwatch/Frank Weiner

Die BSE-Krise war 2002 der Anstoß für die Gründung von foodwatch. In den folgenden Jahren machte foodwatch eklatante Fehler in der Bekämpfung der Rinderkrankheit öffentlich.

Was wir schon erreicht haben

Die foodwatch-Recherchen über den riskanten Umgang mit Tiermehl bewirkten, dass Tiermehlexporte aus Deutschland in Staaten außerhalb der EU gestoppt wurden. 2008 deckte foodwatch einen illegalen Export von Tiermehl nach Malaysia auf, 2010 zeigte foodwatch, wie die BSE-Politik der Europäischen Union Gammelfleisch-Skandale erst möglich machte. Die Recherchen und Analysen waren Aufklärung im besten Sinne – Aufklärung, wie sie von Medien bei diesen Themen nicht geleistet wurde.

Was noch fehlt

Eine effektive gesetzliche Regelung, die Hersteller nicht nur für ihre Produkte haften lässt, sondern auch für die Entsorgung und Verwertung der Abfälle.

Im Sommer 2021 stellten europäische Behörden fest, dass große Mengen des weit verbreiteten Zusatzstoffs E410 (Johannisbrotkernmehl) die krebserregende Substanz Ethylenoxid enthalten. Ethylenoxid ist ein Desinfektionsmittel. Seine Verwendung ist in der EU verboten, es findet aber nach wie vor Einsatz in Drittländern. In vielen europäischen Ländern wie Frankreich, Schweden oder Rumänien wurden darauf tausende Produkte wie Eiscremes von Snickers und Milka zurückgerufen. In Deutschland suchte man Rückrufe vergeblich, die Behörden blieben inaktiv – trotz eines gegenteiligen Beschlusses der EU!

Was wir schon erreicht haben

In akribischer Detektivarbeit fanden wir heraus, dass der Konzern Mars in Deutschland teilweise die gleichen Produkte – und zwar wirklich genau die gleichen – weiter verkaufte, die in Rumänien oder Schweden bereits öffentlich zurückgerufen worden waren. Wir waren fassungslos und stellten Mars öffentlich zur Rede. Erst weigerte sich der Konzern, die Produkte zurückzurufen und behauptete, die betroffene Eiscreme sei sicher. Aber wir machten weiter Druck und konfrontieren den Lebensmittel-Riesen mit einer Petition, unterzeichnet von über 55.000 empörten Verbraucher:innen. Mit Erfolg: Nach heftiger öffentlicher Kritik rief Mars die betroffenen Produkte zurück.

Was noch fehlt

Mars hat eingelenkt, aber deutsche Behörden wollen das Thema Ethylenoxid nach wie vor aussitzen. Der Fall zeigt deutlich: Das bestehende staatliche System der Lebensmittelrückrufe funktioniert nicht. Die Verbraucher:innen werden – ausgerechnet, wenn es um den Schutz ihrer Gesundheit geht – immer wieder allein gelassen. Deshalb gibt es nur eine Möglichkeit: Wir Verbraucher:innen müssen uns zusammenschließen und uns unsere eigene Lobby schaffen. Deshalb gibt es foodwatch.

Thomas Siepmann

Was wir schon erreicht haben

Seit den Anfangsjahren der Organisation beschäftigt sich foodwatch mit den Problemen im Futtermittelsektor – und deckt immer wieder Missstände auf:

  • 2002 machte foodwatch den wahren Umfang des Skandals um mit Nitrofen belastete Futtermittel öffentlich und stellte Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Skandals.
  • 2005 belegte ein umfassender foodwatch-Report, dass sich Skandale wie Nitrofen, BSE oder Dioxin jederzeit wiederholen können, da die gesetzlichen Regelungen und Kontrollen für die Futtermittelwirtschaft viel zu lasch sind.
  • 2011 schlug der Skandal um dioxinbelastete Eier hohe Wellen. Die langjährige Expertise von foodwatch zu Futtermitteln zahlte sich aus: Wir konnten zeigen, warum solche Skandale immer wieder passieren.

Was noch fehlt

Ein Jahr nach dem Dioxin-Skandal konnte foodwatch in dem Report „Chronisch vergiftet“ belegen: Noch immer fehlen wirksame Maßnahmen der Politik, um solche Fälle in Zukunft zu verhindern.

Joerg Farys

In Deutschland gelten 15 Prozent der Kinder als übergewichtig, sechs Prozent sogar als adipös. Der wichtigste Grund: Kinder ernähren sich falsch. Sie essen zu viele Süßigkeiten, fettige Snacks und Fleisch, trinken zu viel Limonade; Obst und Gemüse kommen dagegen zu kurz. Die Lebensmittelindustrie ist für diese Situation mit verantwortlich – sie vermarktet vor allem Zuckerbomben und fettige Snacks im Supermarkt, im TV oder über soziale Medien direkt an Kinder und Jugendliche.

Was wir schon erreicht haben

foodwatch hat in verschiedenen Reports und Marktchecks gezeigt: Das Angebot an Kinderlebensmitteln besteht fast ausschließlich aus Süßigkeiten und Snacks, welche die Industrie mit aggressiven Methoden an die Kinder vermarktet. foodwatch arbeitet mit Kinderärzt:innen, Krankenkassen und Expert:innen zusammen und hat eine längst überfällige Diskussion um die Gesundheit unserer Kinder und die Verantwortung der Lebensmittelindustrie angestoßen. In ihrem Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien 2021 erklärt, dass es „an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben“ dürfe. 

Was noch fehlt

Die Bundesregierung hat das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag bislang nicht eingelöst. Mit Aktionen und pressewirksamen Appellen machen wir Druck auf Ernährungsminister Cem Özdemir, noch in diesem Jahr ein starkes Gesetz gegen Junkfood-Marketing auf den Weg zu bringen. Zudem fordern wir verbindliche Vorgaben für die Verpflegung in Schulen und Kindergärten, eine verpflichtende  Nutri-Score-Nährwertampel sowie eine Hersteller-Abgabe für Limonaden. 

foodwatch/Jan Schmitt

Reis, Grieß, Cornflakes, Haferflocken: Zahlreiche Lebensmittel sind mit sogenannten aromatischen Mineralölen belastet. Diese können Krebs erregen und das Erbgut verändern. Neben Maschinen bei Ernte und Verarbeitung kann auch die Verpackung der Grund für die Mineralöl-Verunreinigung sein. So enthalten zum Beispiel Verpackungen aus Altpapier oft Mineralöle aus Druckfarben, die auf Lebensmittel übergehen können. Das Problem ist seit Jahren bekannt, aber die Politik reagiert bisher nicht.

Was wir schon erreicht haben

 foodwatch hat schon mehr als hundert verschiedene Lebensmittel auf Mineralölverunreinigung getestet und damit das Thema seit 2015 immer wieder auf die Agenda gebracht. Erste Hersteller änderten daraufhin ihre Verpackung, Handelsketten fordern von ihren Lieferanten, Mineralölbelastungen zu vermeiden. Auch das zuständige Expertengremium der EU-Kommission reagierte auf die Kritik und einigte sich auf einen Mineralöl-Grenzwert – allerdings bisher nur für Babymilchpulver.

Was noch fehlt

 Wir fordern eine gesetzlich verpflichtende Nulltoleranz-Grenze für die besonders gefährlichen aromatische Mineralöle, und zwar für alle Lebensmittel. 

Die exzessive Spekulation mit Grundnahrungsmitteln verschärft den Hunger in den ärmsten Ländern der Welt.

Was wir schon erreicht haben

2011 stieß der foodwatch-Report „Die Hungermacher“ dazu eine breite Debatte an. Mehr als 60.000 Verbraucherinnen und Verbraucher unterzeichneten eine Protestaktion an den damaligen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und forderten ein Ende der unmoralischen Geschäfte. Die öffentliche Diskussion trug Früchte: Die Commerzbank, die Landesbank Baden-Württemberg, die DekaBank der Sparkassen und andere Geldhäuser stiegen daraufhin aus dieser Form der Spekulation aus.

Was noch fehlt

Eine effektive Regulierung der Finanzmärkte zumindest auf europäischer Ebene. Diese sollte Terminbörsen als Instrument der Preisabsicherung erhalten, spekulative Exzesse durch institutionelle Anleger aber vermeiden.

showcake

Uran ist ein giftiges Schwermetall, das natürlicher Weise in vielen Gesteinsschichten vorkommt und wasserlöslich ist. Wenn Menschen Uran zu sich nehmen, kann das zu einer Schädigung lebenswichtiger Organe wie der Nieren führen.

Was wir schon erreicht haben

Über Jahre hat foodwatch immer wieder Testergebnisse zur Uranbelastung in Wasser veröffentlicht, Behörden auf die Herausgabe von Laboranalysen verklagt und Grenzwerte eingefordert. Unsere langjährige Kampagne hatte Erfolg: 2011 führte Deutschland als erstes Land in der EU ein Grenzwert für die Uranbelastung von Trinkwasser in Kraft, der strengste weltweit.

Was noch fehlt

foodwatch fordert auch für Mineralwasser eine gesetzliche Höchstgrenze für Uran. 

Lars Heidrich

Zuckerbomben als Fitness-Produkt, vermeintliche Gesundheitswunder mit Nebenwirkungen: Verbraucher:innen werden im Supermarkt regelmäßig getäuscht und in die Irre geführt – und das überwiegend völlig legal, weil die Kennzeichnungsregeln unzureichend sind.

Was wir schon erreicht haben

Seit 2010 verleiht foodwatch den „Goldenen Windbeutel“, den Negativpreis für die dreisteste Werbelüge des Jahres. Zahlreiche Werbelügen haben wir seitdem entlarvt und zusammen mit Verbraucher:innen Hundertausende Protestmails an Lebensmittelfirmen gesendet. Der öffentliche Druck und die schlechte PR zeigen oft Wirkung: Viele Unternehmen überarbeiteten Produkte oder nahmen diese ganz aus den Regalen. 2021 gewann Rewe den Goldenen Windbeutel für die Klimaneutral-Werbung auf seinem Hähnchenfleisch und stellte die Verbrauchertäuschung daraufhin ein.

Die Lebensmittelbranche hat also gemerkt: Mit foodwatch gibt es jemanden, der ihnen ganz genau auf die Finger schaut. Und es gibt erste, zaghafte gesetzliche Verbesserungen. Das Problem ist inzwischen also offiziell anerkannt.

Was noch fehlt

Eine effektive (europäische) Gesetzgebung, die der legalen Täuschung endlich ein Ende setzt.

iStock/NiseriN

Als Bundesernährungsministerin beauftragte Julia Klöckner eine Studie zur Kennzeichnung von Lebensmitteln. Deren Ergebnis passte ihr aber offenbar gar nicht – sie hielt die Studie deshalb geheim. Stattdessen präsentierte sie im April 2019 eine manipulierte Version. Darin schnitt der Nutri-Score, gegen den sich Julia Klöckner lange gestemmt hat, plötzlich nicht mehr so gut ab wie im Original.

Was wir erreicht haben

Wir reichten im Sommer 2019 Klage ein und verlangten die unzensierte Originalfassung. Mehr als 63.000 Bürger:innen schlossen sich dieser Forderung an. Das Ministerium veröffentlichte daraufhin zwar die Studie – doch wir hielten die Klage aufrecht. Denn es ging um etwas Grundsätzliches: Die Freiheit der Wissenschaft in Deutschland. Und das Gericht gab uns Recht! Das Urteil stellt klar: Wir Bürger:innen sind berechtigt, mit Steuergeldern finanzierte Forschungsergebnisse ohne politische Zensur zu erfahren.

Das Resümee: Es gibt viel zu tun!

foodwatch hat es in den vergangenen Jahren geschafft, Ernährung zu einem politischen Thema zu machen. Aber: Das Ernährungssystem als Ganzes zu verbessern, ist uns nicht gelungen. Es bleibt viel zu tun – eine internationale Verbraucherorganisation in Europa ist wichtiger denn je.
Thilo Bode foodwatch-Gründer

Gerne wären wir zu unserem 20. Geburtstag überflüssig. Doch trotz einiger Erfolge bleibt das entscheidende Problem bestehen: Beim Verbraucherschutz klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine riesige Lücke. Theoretisch sind der vorbeugende Schutz vor Täuschung und der vorsorgende Gesundheitsschutz zentrale Grundsätze im europäischen Lebensmittelrecht. Praktisch werden beide jedoch auf dem Lebensmittelmarkt nur mangelhaft umgesetzt.

So wird ein Skandal beispielsweise meistens erst öffentlich, wenn die Produkte – Dioxin-Eier oder Pferdefleisch-Lasagne – schon verzehrt sind. Das ist im Wesentlichen auch dem politischen Einfluss der Agrar- und Lebensmittellobby geschuldet. Hier müssen wir hartnäckig bleiben und in Zusammenarbeit mit den internationalen foodwatch Büros weiter „dicke Bretter“ bohren. Denn klar ist: Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir auch in Brüssel gehört werden.

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