Nachricht 25.09.2023

Umfrage zu „neuer“ Gentechnik: Klare Mehrheit will Kennzeichnung

picture alliance / AGRAR-PRESS | ap

Eine überwältigende Mehrheit der Deutschen will, dass „neue“ Gentechnik bei Lebensmitteln gekennzeichnet werden muss. Das zeigt eine repräsentative Umfrage.

92 Prozent der Befragten wollen, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet werden - unabhängig davon, ob neue Verfahren oder klassische Gentechnik angewendet wurde. 96 Prozent der Befragten sprachen sich für eine Sicherheitsüberprüfung von Pflanzen aus, die mit neuen Verfahren gentechnisch verändert wurden. Das ist ein deutliches Signal an Bundesernährungsminister Cem Özdemir, sich in Brüssel für eine lückenlose Gentechnik-Kennzeichnung einzusetzen.

Geplante Lockerung der Gentechnik-Vorschriften

Die EU-Kommission plant, die Gentechnik-Regeln für Lebensmittel aufzuweichen. Sie will die so genannten „Neuen Genomischen Techniken (NGT)“  ohne Kennzeichnung und Sicherheitsüberprüfung erlauben. Bisher hat sich die Bundesregierung dazu noch nicht eindeutig positioniert. Während sich Bundesumweltministerin Steffi Lemke für die Kennzeichnung und Prüfung von „neuer” Gentechnik ausgesprochen hat, stimmt die FDP den Plänen der Kommission zu. Dabei zeigt die Umfrage: Auch 94 Prozent der befragten FDP-Anhänger:innen wünschen sich eine Risikoprüfung und 85 Prozent eine Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln. 

Mehr statt weniger Pestizide

Die Kommission erhofft sich durch die neuen Gentechnikverfahren unter anderem, dass sich der Einsatz von Pestiziden auf den Feldern reduzieren lässt. Doch das ist ein Illusion. Es droht genau das Gegenteil: In Ländern mit hohem Anteil an gentechnisch veränderten Pflanzen ist in den 25 Jahren seit deren Einführung keinerlei Pestizidreduktion erzielt worden. In Brasilien beispielsweise hat sich der Pestizidabsatz in den letzten 20 Jahren mehr als vervierfacht. 

Wird das EU-Gentechnikrechts dereguliert, profitieren lediglich Agrarkonzernen wie Bayer und Corteva. Sie könnten sich Sorten, die mit „neuer“ Gentechnik erzeugt wurden, patentieren lassen. Und so Landwirte von sich abhängig machen. 

Nein zu Gentechnik ohne Kennzeichnung 

Mehr als 60.000 Menschen haben bereits eine foodwatch-Petition für ein klares „Nein“ zu Gentechnik ohne Kennzeichnung an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Umweltministerin Steffi Lemke unterstützt. Die Unterschriften hat foodwatch Ende Juni ans Bundesumweltministerium übergeben. foodwatch fordert die Bundesregierung auf, sich in Brüssel für Wahlfreiheit beim Thema Gentechnik einzusetzen - so, wie es die Mehrheit der Bevölkerung will. 

Wenn wir das EU-Pestizidrecht lockern, haben wir am Ende womöglich nicht nur mehr Gentechnik auf unseren Feldern, sondern auch mehr Pestizide.
Lars Neumeister Pestizidexperte bei foodwatch

In Ländern mit hohem Anteil an gentechnisch veränderten Sorten sind in den 25 Jahren seit deren Einführung keinerlei Pestizidreduktion erzielt worden. In Brasilien beispielsweise hat sich der Pestizidabsatz in den letzten 20 Jahren mehr als vervierfacht. Großkonzerne werden die Neue Gentechnik nutzen, um Saatgut über Patente zu kontrollieren und die landwirtschaftlichen Betriebe von sich abhängig zu machen. Dies führt zu einer höheren genetischen Uniformität, was wiederum einen höheren Pestizideinsatz zur Folge hat.

Pestizidausstieg bis 2035 - ohne Gentechnik

Geeignete Lösungen für einen Pestizidausstieg liegen bereits auf den Tisch: vorbeugender Pflanzenschutz und die ökologische Aufwertung der Flächen. Die EU ist jetzt gefordert, rasch ein ambitioniertes Gesetz zur verbindlichen Reduktion von Pestiziden auf den Weg zu bringen. 

foodwatch forderte einen Pestizidausstieg bis 2035. Neben einer EU-weiten Pestizidsteuer braucht es eine Reform der Zulassungspraxis: Pestizide sollten nur noch als letztes Mittel in Notfällen eingesetzt werden dürfen. Zudem müssen die EU-Agrarsubventionen umverteilt werden: Für Landwirt:innen muss es sich wirtschaftlich lohnen, wenn sie keine Pestizide verwenden.