Nachricht 07.02.2018

Kommentar zum Koalitionsvertrag

„Das ist noch weniger als befürchtet. In der Ernährungs- und Verbraucherpolitik fallen Union und SPD noch hinter die uneingelösten Versprechen aus dem Koalitionsvertrag von 2013 zurück. Wo klare Positionen erforderlich wären, versteckt sich die GroKo hinter Prüfaufträgen, wo Handeln geboten ist, will sie die Dinge „beobachten“. Mit Blick auf die Verbraucherrechte schreibt diese Große Koalition den Stillstand fest. Es ist nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich, dass die beiden größten Parteien nicht verstehen wollen, wie wichtig das Aufgreifen von Alltagsproblemen der Verbraucherinnen und Verbraucher für den Rückhalt unserer Demokratie ist.“ Martin Rücker, Geschäftsführer von foodwatch Deutschland, zur heute von Union und SPD vorgelegten Koalitionsvereinbarung.

Die Große Koalition hat sich am Mittwoch auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Darin finden – oder finden sich nicht – folgende Aussagen:

  • Anstatt verbindliche Herkunftsangaben vorzuschreiben, wie es andere EU-Staaten längst machen, soll dies lediglich „geprüft“ werden. 
  • Anstatt für Transparenz über Hygieneverstöße in Gastronomie & Co. zu sorgen, wie es andere EU-Staaten längst machen, sollen die Betriebe „auf freiwilliger Basis“ informieren. Zudem verweist die GroKo auf „Raum für landesrechtliche Regelungen“ und schiebt damit die Verantwortung von sich.
  • Anstatt die an Kinder gerichtete Werbung gesetzlich zu beschränken, wie es andere EU-Staaten längst machen, soll diese „kritisch beobachtet werden“. 
  • Anstatt auf gesetzliche Vorgaben für die Tiergesundheit hin zu arbeiten, damit alle Nutztiere tiergerecht gehalten werden, plant die GroKo ein freiwilliges „Tierwohllabel“, von dem optimistischen Schätzungen zufolge nur 20 Prozent der Nutztiere profitieren können. Dabei wird nicht einmal erläutert, ob das Kriterium der Tiergesundheit bei dem Label eine Rolle spielen soll.
  • Anstatt der Lebensmittelwirtschaft strengeren Vorgaben für Eigenkontrollen zu machen, um Lebensmittelfälschungen zu bekämpfen, soll lediglich die „Forschung“ durch ein „Nationales Referenzzentrum“ ausgebaut werden.  
  • Anstatt auf eine verbindliche Ampelkennzeichnung nach französischem oder britischem Vorbild hinzuarbeiten, soll „unter Berücksichtigung der besonderen Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen“ ein eigenes Modell „erarbeitet“ werden, das „gegebenenfalls vereinfacht visualisiert wird“. 
  • Zu Verpflichtungen für den Lebensmittelhandel, über Lebensmittelwarnungen, die das eigene Sortiment betreffen, in den Verkaufsstellen zu informieren, findet sich kein Wort.
  • Zu einer gesundheitsorientierten Besteuerung von Lebensmitteln, wie es andere EU-Staaten längst machen, findet sich kein Wort.
  • Zum Schutz vor Mineralölen in Lebensmitteln, eine Regelung die längst überfällig ist, findet sich kein Wort.