Nachricht 29.04.2022

Kontrollsystem versagt bei Listerien-Skandal

istock / LiudmylaSupynska

Der Listerienfall in Hessen zeigt einmal mehr: Die Lebensmittelüberwachung muss dringend reformiert werden. Mehrere Menschen waren dort an keimbelastetem Essen erkrankt.

Im Herbst und Winter vergangenen Jahres erkrankten in Hessen mehrere Menschen über Krankenhausessen an Listeriose. Nachforschungen bestätigten: Die gefährlichen Bakterien stammten aus einem Obst- und Gemüsebetrieb in Südhessen. Die Lebensmittelbehörde hatte den Betrieb zuvor zwei Jahre nicht kontrolliert. Vorgeschrieben sind zwei Überprüfungen pro Jahr. Bei einer eilends anberaumten Notfallkontrolle fanden die Behörden erschreckende Hygienemängel und ordneten die Schließung des Betriebs. Die Öffentlichkeit ließen sie im Dunkeln. Erst durch eine Zeitungsrecherche wurde der Fall öffentlich. Er offenbart die grundlegenden Schwachstellen des Kontrollsystems – in Hessen wie auch bundesweit:

  1. Viele Lebensmittelkontrollen fallen aus: Selbst vor der Corona-Pandemie   fiel jede dritte vorgeschriebene Lebensmittelkontrolle aus. Die Situation dürfte sich seither nicht verbessert, sondern eher verschärft haben. Etwa, weil Lebensmittelkontrolleur:innen in den Gesundheitsämtern aushelfen mussten. Hinzu kommt, dass die vorherige Bundesregierung 2020 die Anzahl der Pflichtkontrollen reduziert hat.
  2. Mögliche Interessenkonflikte auf kommunaler Ebene: In Deutschland sind rund 400 meist kommunale Kontrollämter für die Lebensmittelüberwachung zuständig.  Die kontrollierten Betriebe sind oft wichtige Arbeitgeber vor Ort. Auch im aktuellen Fall stellt sich die Frage, ob die baulichen Mängel, etwa die fehlenden Abflüsse im Boden, schon jahrelang durch die Kommune geduldet worden waren.
  3. Mangelnde Transparenz: In der Regel werden die Ergebnisse der amtlichen Hygienekontrollen geheim gehalten. Ganz anders ist das in Dänemark: Dort müssen alle  Kontrollergebnisse veröffentlicht werden – das sorgt dort nachweislich für bessere Hygiene in Lebensmittelbetrieben.

Noch immer fehlt politischer Wille

Zweieinhalb Jahre ist der Wilke-Skandal um Listerienwurst mit 3 Toten her. Dass nun wieder ein solcher Fall in Hessen auftaucht zeigt: Der hessischen Verbraucherschutzministerin Priska Hinz fehlt immer noch der politische Wille, Verbraucher:innen wirksam zu schützen. Nach dem Wilke-Skandal hatte sie zwar die landesweite Task-Force Lebensmittelsicherheit personell aufgerüstet, die den aktuellen Listeriose-Fällen schnell nachgegangen ist. Um zukünftige Fälle zu verhindern, ist jedoch eine grundlegende Reform der Überwachung nötig. foodwatch fordert: Es braucht eine unabhängige Landesanstalt für Lebensmittelüberwachung, mit genügend Personal, die alle Kontrollergebnisse veröffentlichen muss.