Frage des Monats 01.10.2019

Gemüse – roh oder gekocht?

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Ernährungsberaterin Alice Luttropp antwortet:

Zwei Portionen Obst und mindestens drei Portionen Gemüse sollten wir täglich zu uns nehmen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, das Gemüse sowohl in gegarter Form als auch als Rohkost oder Salat zu verzehren. Genauer: Von den Gemüseportionen (insgesamt mindestens 400 Gramm) sollten etwa 200 bis 300 Gramm gegart sein und etwa 100 bis 200 Gramm als Rohkost oder Salat gegessen werden. Denn im rohen Gemüse stecken Vitamine und weitere wertvolle Inhaltsstoffe, die beim Garen verloren gehen. Umgekehrt ist gegartes Gemüse aber leichter verdaulich.

Roher Paprika ist schwer verdaulich

Menschen mit einem empfindlichen Magen-Darm-Trakt haben häufig Probleme mit rohem Gemüse. Vor allem rohe Paprika, rohe Zwiebeln oder Gurkensalat werden von viele Menschen nicht gut vertragen. Gegartes Gemüse ist bekömmlicher, weil die Hitze die pflanzlichen Zellstrukturen aufbricht und die Arbeit der Verdauungsorgane erleichtert. Am vitaminschonendsten ist es, Gemüse nur kurz im Wok anzudünsten oder in der Pfanne zu schwenken, so dass es noch schön knackig bleibt und wertvolle Inhaltsstoffe nicht mit dem Kochwasser ausgeschüttet werden. Einige Pflanzen enthalten jedoch problematische Inhaltsstoffe, die beim Erhitzen abgebaut werden: Grüne Bohnen sollten mindestens zehn bis 15 Minuten gekocht werden, da sie Lektine enthalten, die erst bei längerem Garen unschädlich werden. Rhabarber, Mangold und Spinat enthalten Oxalsäure, die sehr gut wasserlöslich ist und mit dem Kochwasser weggeschüttet wird. Spinat kann man in normalen Mengen auch roh verzehren, etwa im Smoothie oder Salat, aber dann kann die Oxalsäure als Mineralstoffräuber zum Beispiel Kalzium binden. Das könnte etwa für Veganer ein Risikofaktor für Kalziummangel sein. 

Karotten und Tomaten – am besten gekocht

Es gibt aber auch positive Inhaltsstoffe, die sich erst durchs Erwärmen entfalten. So ist das Beta-Carotin in erhitzten Karotten deutlich besser verfügbar als in rohen Karotten. Das gleiche gilt für Lycopin, das in roten Früchten enthalten ist. Tomaten und Hagebutten enthalten besonders hohe Konzentrationen davon. Lycopin gehört zu den Antioxidantien und kann schädliche Radikale im menschlichen Körper unschädlich machen. In diesem Fall sticht die Tomatensoße also den Tomatensalat.

Dagegen ist Vitamin C sehr hitzeempfindlich. Gleichzeitig benötigen wir es für die Eisenaufnahme. Lange Zeit gab es deshalb die Empfehlung, zu Fleisch Orangensaft zu trinken. Da Orangensaft aber auch sehr viel Zucker enthält, ist es ratsamer, zum Steak oder zu pflanzlichen Eisenquellen immer auch Vitamin-C-haltige rohe Gemüse zu verzehren. Feldsalat, Salat mit rotem Paprika oder einem Dressing mit frischem Zitronensaft wären etwa gute Begleiter. 

Abends besser kein Salat

Auch auf die Tageszeit kommt es an: Ein großer Salat zum Abendessen liegt den meisten Menschen schwer im Magen, da die Verdauung nachts verlangsamt ist. Besser ist es, abends nur kleinere Mengen an Rohkost zu verzehren und statt Salat lieber eine Gemüsesuppe zuzubereiten. Auch gut zu wissen: Wer einen empfindlichen Magen-Darm-Trakt hat, sollte darauf achten, Obst nur in ganz reifem Zustand zu verzehren.

Die gute Nachricht ist: Selbst lange gegartes Gemüse enthält immer noch Vitamine und andere wertvolle Inhaltsstoffe, zum Beispiel ein Gemüseauflauf mit Brokkoli, Grünkohl oder Kartoffeln aus dem Ofen. Oder der gute alte Bratapfel, der im Herbst und Winter ein schöner Nachtisch ist. Eine gute Mischung aus rohem und gekochtem Obst und Gemüse ist also die beste Wahl – individuell darauf abgestimmt, was man gut verträgt und was einem schmeckt.