Frage des Monats 20.06.2025

„Welche Nahrungsergänzungsmittel sind wirklich sinnvoll?“

Bild mit KI generiert

Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln versprechen viel. Doch welche Supplements brauche ich wirklich?

Rauna Bindewald von foodwatch antwortet:

Rauna Bildewald, Recherche und Kampagnen, foodwatch

Pillen für die Abwehrkräfte, Pulver für den Energieschub, Kapseln für „mehr Vitalität“ – der Markt für Nahrungsergänzungsmittel wächst. Mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung nimmt Vitamine, Mineralstoffe und Co., in der Hoffnung, sich damit etwas Gutes zu tun.  Vor allem in den sozialen Medien verzerren Influencer:innen das Bild von gesunder Ernährung und machen falsche Versprechungen.

Was viele nicht wissen: Die Produkte sind keine Arzneimittel, sondern gelten als Lebensmittel. Nahrungsergänzungsmittel werden daher nicht offiziell geprüft, bevor sie auf den Markt kommen. Die Hersteller dürfen ihren Produkten alle möglichen Inhaltsstoffe hinzufügen. Und für Vitamine und Mineralstoffe gelten keine Höchstmengen.

Jedes zweite Produkt beanstandet

Laut einer Recherche des öffentlich-rechtlichen Fernsehmagazins Quarks beanstandeten die Lebensmittelbehörden in Deutschland zwischen 2018 und 2021 fast jede zweite (!) Probe von Nahrungsergänzungsmitteln. Die Produkte waren zu hoch dosiert, hatten falsche Angaben auf dem Etikett oder enthielten sogar illegale Dopingsubstanzen.  

Hinzu kommt: Nahrungsergänzungsmittel können Wechselwirkungen mit Arzneimitteln haben. Daher Vorsicht bei der Einnahme, vor allem von sehr stark dosierten Produkten. 

Illegale Gesundheitswerbung auf Social Media

Wer auf Instagram, Tiktok und Co. unterwegs ist, bekommt schnell den Eindruck: Ich brauche Nahrungsergänzungsmittel, um gesund, fit und schlank zu sein. Doch die Gesundheitsversprechen sind dabei in aller Regel irreführend und nicht erlaubt. Wir haben Instagram-Posts von 95 Influencer:innen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: In allen Fällen, in denen mit Gesundheitsversprechen geworben wurde, war das aus unserer Sicht unzulässig. Die Posts verstießen unter anderem gegen die europäische Health-Claims Verordnung (HCVO), die uns Verbraucher:innen vor irreführender Werbung schützen soll. 

Welche Mittel brauche ich wirklich?

Für viele Nahrungsergänzungsmittel fehlen überzeugende wissenschaftliche Belege. Die Produkte sind im besten Fall einfach Geldverschwendung. Doch es gibt Ausnahmen – hier eine kurze Übersicht, welche Supplements durchaus sinnvoll sind:

Vitamin D – sinnvoll bei Sonnenmangel

Unser Körper bildet Vitamin D selbst, wenn Sonnenlicht auf die Haut trifft. Doch wer im Winter wenig draußen ist, sich konsequent mit UV-Schutz eincremt oder aus gesundheitlichen Gründen nicht genug Sonne tanken kann, hat ein erhöhtes Risiko für einen Mangel. Das trifft auf einen großen Teil der Bevölkerung in Deutschland zu.  In solchen Fällen kann ein Vitamin-D-Präparat – nach Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt – sinnvoll sein. Ein „Mehr“ an Vitamin D hilft aber nicht automatisch. Eine Überdosierung kann sogar schaden.

Vitamin B12 – wichtig für Veganer:innen

Dieses Vitamin steckt fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln. Menschen, die sich rein pflanzlich ernähren, müssen Vitamin B12 dauerhaft supplementieren. Das ist medizinisch anerkannt und absolut notwendig – ein Mangel kann schwerwiegende Folgen haben. Auch Schwangere oder ältere Menschen mit Aufnahmestörungen sollten ihre Versorgung prüfen lassen.

Folsäure – unerlässlich für Schwangere

Folsäure ist wichtig für die gesunde Entwicklung des Nervensystems beim ungeborenen Kind. Die Einnahme wird bereits empfohlen, wenn eine Schwangerschaft geplant ist – idealerweise mindestens vier Wochen vor der Empfängnis. Auch hier gilt: klarer medizinischer Nutzen.

Jod – jodiertes Salz verwenden

Ähnlich wie bei Vitamin D, ist auch die Versorgung mit Jod bei vielen Menschen in Deutschland laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nicht ideal.  Die Empfehlung: jodiertes Speisesalz verwenden. Spezielle Jodpräparate sind darüber hinaus für gesunde Menschen ohne ärztliche Absprache nicht nötig.

Und sonst?

Für viele Präparate mit Magnesium, Zink, Eisen, Vitamin C oder pflanzlichen „Super-Wirkstoffen“ wie Ginseng, Kurkuma oder Ingwer sind die positiven Effekte oft nicht gut belegt. Dieses Zitat bringt es auf den Punkt: „Wenn Curcumin & Co. wirklich so wirksam wären, wie von Supplement-Influencerinnen und -Influencern immer behauptet wird, dann würde die Pharmaindustrie schon morgen ein Patent darauf anmelden.“ (Prof. Dr. Martin Smollich)

Unser Fazit:

Nahrungsergänzungsmittel können für bestimmte Menschen oder in bestimmten Lebensphasen wichtig sein – aber sie sind kein Ersatz für eine gesunde Ernährung. Und wer ohne ärztliche Diagnose „vorsorglich“ supplementiert, riskiert sogar Nebenwirkungen. Häufig gilt: Die Industrie macht mit überzogenen Gesundheitsversprechen Kasse – und Verbraucher:innen zahlen drauf.