Frage des Monats 19.06.2019

Können Kräutertees, Nahrungsergänzungsmittel und Honig giftig sein?

Ernährungsberaterin Alice Luttropp antwortet:

Pyrrolizidinalkaloide – dieser komplizierte Begriff bezeichnet Gifte aus Wildkräutern. In Tees, Gewürzen, Honig und Nahrungsergänzungsmitteln können sie in bedenklichen Mengen enthalten sein. Wie kann man sich vor den giftigen Stoffen schützen und wer sollte besonders vorsichtig sein?

Pyrrolizidinalkaloide (PA) dienen bestimmten Pflanzen als Schutz vor Fressfeinden. Im Stoffwechsel von Tieren oder Menschen werden sie in giftige Stoffe umgewandelt. PA können die Leber schädigen und zeigten in Tierversuchen eine krebserregende und erbgutschädigende Wirkung. Derzeit gibt es keine gesetzlichen Grenzwerte für PA in Lebensmitteln. In der Europäischen Union gilt generell die Empfehlung, die Belastung mit solchen Stoffen so gering wie möglich zu halten.

Wo sind die Stoffe enthalten?

Gemüse-Pflanzen enthalten in der Regel keine PA. Vielmehr ist das unbeabsichtigte Miternten giftiger Beikräuter das Problem – diese können Tees, Gewürze oder Salatmischungen verunreinigen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist Borretsch. Das Küchenkraut, das beispielsweise für die Herstellung der „Frankfurter Grünen Soße“ verwendet wird, enthält hohe Mengen PA. Die Verbraucherzentrale Hessen empfiehlt daher, bei der Herstellung der Soße kein Borretsch, sondern andere Kräuter zu verwenden.

Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sind verunreinigte Kräutertees (inklusive Roibuschtee) sowie schwarzer und grüner Tee und Honig die Hauptquellen, über die Verbraucherinnen und Verbraucher PA aufnehmen können. Bei einer Untersuchung verschiedener Kräutertees von Stiftung Warentest fiel vor allem Kamillentee negativ auf – möglicherweise, weil die Blütenköpfe der Kamille dem Greiskraut, einem PA-haltigen Wildkraut, ähneln. Verunreinigte Tees sind nicht akut giftig, können aber gesundheitlich bedenklich sein, wenn man sie über einen längeren Zeitraum konsumiert. 

Was müssen die Hersteller von Lebensmittel unternehmen?

Das BfR hat in den vergangenen Jahren mehrfach auf die Risiken durch PA hingewiesen und festgestellt, dass die Lebensmittelwirtschaft Maßnahmen ergreifen muss, um die PA-Gehalte in Lebensmitteln zu senken – insbesondere durch Sorgfalt bei Anbau und Ernte aber auch durch ausreichende Eigenkontrollen potenziell betroffener Lebensmittelkategorien. Die PA-Gehalte in Honig können die Hersteller zudem durch eine selektive Auswahl der Honige, die zum Endprodukt vermischt werden, beeinflussen.

Worauf können Verbraucherinnen und Verbraucher achten?

Aufgrund potenziell erhöhter PA-Gehalte in Tees und Kräutertees ist es ratsam, seinen Durst nicht ausschließlich mit Tee, sondern stattdessen mit Wasser zu stillen. Da Föten im Mutterleib sowie Säuglinge und Kleinkinder besonders empfindlich sind, gilt dies insbesondere für Frauen während der Schwangerschaft und Stillzeit. Auch Babies und Kleinkinder sollten vor allem Wasser zu trinken bekommen. Empfehlenswert ist außerdem, Tee für Kinder nicht zu stark zuzubereiten, also statt einem Beutel pro Tasse nur einen Beutel pro Liter zu verwenden. Die Verbraucherzentrale empfiehlt außerdem, zwischen verschiedenen Teesorten und -marken abzuwechseln.

Honig kann verunreinigt werden, wenn Bienen Pollen und Nektar von PA-haltigen Wildkräutern sammeln. Da viele dieser Pflanzen erst später blühen, ist Frühjahrshonig in der Regel weniger stark belastet als Sommerhonig. Kinder unter einem Jahr sollten ohnehin noch keinen Honig bekommen. 

Es gibt Nahrungsergänzungsmittel, die aus PA-haltigen Kräutern wie Borretsch, Wasserdost oder Huflattich hergestellt sind. Diese können so viele PA enthalten, dass bereits nach kurzfristigem Verzehr giftige Wirkungen möglich sind. Hier gilt: Verbraucherinnen und Verbraucher sollten diese Mittel gar nicht erst einnehmen. Auch Johanniskrauthaltige-Präparate waren in fast jeder vom BfR untersuchten Probe mit PA belastet. Da Johanniskraut selbst keine PA bildet, handelt es sich hier wahrscheinlich um eine Verunreinigung. Auch hier liegt es demnach in der Verantwortung der Hersteller, für so niedrige PA-Gehalte wie möglich zu sorgen. 

Foto Kräutertee: © AdobeStock /Printemps