Gentechnik in Deutschland

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Abgesehen von Versuchsfeldern sind die Äcker in Deutschland gentechnikfreie Zone. Die Politik hat hier streng reguliert, erst 2009 einen EU-weit zugelassenen Monsanto-Mais national verboten. Doch im Handel gibt es zahlreiche Lebensmittel, die mithilfe von Agrar-Gentechnik hergestellt wurden – und die nicht als solche zu erkennen sind.

Während sich in anderen Teilen der Welt wie den USA, Kanada oder Südamerika genverändertes Soja und Mais auf den Feldern ausbreiten, ist in vielen europäischen Staaten der Anbau von GVO-Saatgut fast zum Stillstand gekommen. Ausnahmen sind vor allem Spanien und Portugal, wo die mit genveränderten Mais angebauten Flächen 2012 auf rund 116.000 bzw. knapp 10.000 Hektar angestiegen sind. In Deutschland gedeiht genverändertes Saatgut derzeit ausschließlich zu Forschungszwecken in abgeriegelten Gewächshäusern oder Laboren – und auch diese Versuche nehmen ab. Das war nicht immer so.

Schlechtes politisches Klima für Gen-Mais und Co.

Der Anbau des genverändertem Mais' MON810 ist in Deutschland seit 2009 verboten. Ein Jahr zuvor hatten Landwirte noch mehr als 3000 Hektar mit dem schädlingsresistenten Mais des Saatgut-Riesen Monsanto bewirtschaftet. Das nationale Anbauverbot, das die Bundesregierung aufgrund von Sicherheitsbedenken trotz EU-weiter Zulassung verhängt hatte, setzte dem ein jähes Ende. Die Stärkekartoffel Amflora wiederum ist erst 2010 nach einem 13-jährigen Verfahren für den Anbau zugelassen worden. Allerdings nicht für die Verwendung als Lebensmittel, sondern für die Produktion von Industriestärken. Tatsächlich wurde sie 2010 in Deutschland gerade einmal auf zwei Hektar angebaut – danach verzichtete der Entwickler BASF.   

Insgesamt ist die Kultivierung von genverändertem Saatgut zu Forschungszwecken auf dem Rückzug. Große Züchtungsunternehmen haben ihre Forschungsstandorte ins Ausland verlagert, vor allem nach Nord- und Südamerika. Erst 2010 verlegte BASF Plant Science seine Aktivitäten von Deutschland in die USA. Die Begründung: Die Regeln zur Erforschung und Anwendung von Genpflanzen seien in Deutschland hinderlich, die Akzeptanz der Verbraucher zu gering.

Furcht vor Schadensersatzklagen und Aktivisten

Tatsächlich hat die Bundesregierung dem Ackerbau mit gentechnisch veränderten Pflanzen strikte Reglementarien auferlegt. Auch in dem Wissen, dass verschiedenen Umfragen zufolge rund 70 Prozent der Bürger Gentechnik in Lebensmitteln ablehnen. Sämtliche Felder, die mit GVO-Pflanzen bewirtschaftet werden, müssen in Deutschland parzellengenau in ein Standortregister eingetragen werden. So können sich nicht nur Anwohner darüber informieren, ob in ihrer Nähe genveränderte Feldfrüchte gedeihen, sondern auch Gentechnik-Gegner, die die Felder immer wieder verwüsten.

Besonders für Imker ist dieses Register existentiell, da sie ihre Bienenstöcke dementsprechend platzieren müssen, um gentechnikfreien Honig produzieren zu können. In Deutschland gelten strenge Haftungsregeln: Jeder Bauer und Imker kann von einem Gentechnik-Nutzer Schadenersatz einfordern, wenn seine Ernte durch gentechnisch veränderte Organismen zu mehr als 0,9 Prozent verunreinigt wurde. Standortregister und Schadensersatzklagen machen den Anbau von genverändert Pflanzen in Deutschland unattraktiv.

Versteckte Gentechnik

Zwar werden in Deutschland gentechnisch veränderte Pflanzen derzeit nur zu Forschungszwecken angebaut – importiert werden gentechnisch veränderte Pflanzen jedoch massenhaft. Ende 2011 waren für den Handel in der EU rund 40 Pflanzensorten zugelassen. Bauern setzen vor allem Gen-Soja als Futtermittel für Tiere ein. Und da es keine Kennzeichnungspflicht gibt, wenn Tiere mit genverändertem Futter genährt wurden, erfährt der Konsument davon nichts. Abgesehen von den wenigen Produkten, die das freiwillige „Ohne Gentechnik“-Siegel der Bundesregierung tragen, tappen die Verbraucher bei Tierprodukten im Dunkeln. Sie werden dadurch entmündigt – und unwissentlich zu Unterstützern einer umstrittenen Technologie.

Anders sind die Kennzeichnungsvorgaben für pflanzliche Produkte: Hier müssen gentechnische Veränderungen auf der Verpackung angegeben werden. Die Folge: Solche Lebensmittel sucht man, von seltenen Ausnahmen abgesehen, im Handel vergeblich – die Verbraucher würden sie wohl schlicht im Laden liegen lassen.