Marketing- und Lobbystrategien für Kinderprodukte

Quelle: Screenshot cobrayouth.de

Die Unternehmen tun viel, um den Absatz für Junkfood oder Soft Drinks in die Höhe zu treiben. Mit ausgeklügelten Strategien ködern sie bereits kleine Kinder. Allein die Etats sprechen Bände: Das Werbebudget für Süßigkeiten ist um ein vielfaches größer als das für Obst und Gemüse. 

Allein diese Zahlen sind entlarvend. Um Obst und Gemüse zu bewerben, investierte die Lebensmittelindustrie im Jahr 2014 insgesamt 19,28 Millionen Euro. Kein Vergleich zu dem Topf, aus dem die Werbung für Süßwaren finanziert wurde: Er war mit 712,8 Millionen Euro mehr als 35 Mal so groß.

Sie lauern in der Schule und im Sportverein

Die Unternehmen tun viel, um den Absatz für Junkfood oder Soft Drinks in die Höhe zu treiben. Besonders perfide sind die Marketing- und Lobbystrategien, mit denen schon kleine Kinder geködert werden sollen. Einige Beispiele:

  • Mithilfe von Begriffen wie „Zwischenmahlzeit“ reden die Unternehmen Kindern und Eltern ein, Kinder müssten über den Tag verteilt ständig Snacks zu sich nehmen.
  • Mit Comicfiguren, Stars als Werbeträgern, Spielzeug-Beigaben, Gewinnspielen und Aktionen ködern die Hersteller Kinder gerade für Snacks und Junkfood.
  • Im Internet schaffen Hersteller mit Online-Spielen oder Chats Markenwelten für Kinder. Capri Sonne ruft sie via facebook dazu auf, Fotos von sich mit dem Produkt hochzuladen und macht Kinder damit zu kostenlosen Werbeträgern.
  • Unternehmen stellen Schulen Unterrichtsmaterialien mit Ernährungstipps oder Stundenpläne mit Markenlogo zur Verfügung, den Sportverbänden dienen sie sich als Sponsoren für Sportabzeichen im Breitensport oder Großveranstaltungen an.
  • Auch vor den Kleinsten machen Hersteller nicht Halt: Die Molkerei Müller organisierte innerhalb ihrer Kindergarteninitiative „Müller bewegt Kinder“ Bewegungsparcours – und machte damit den angeblichen Bewegungsmangel und nicht die eigenen Produkte zum Gegenstand der Diskussion über einen gesunden Lebensstil.
  • Gleichzeitig gerieren sich die Konzerne als verantwortungsbewusste Unternehmen. Vertreter von Mars oder Nestlé treten bei Fachkongressen als Ratgeber in Sachen guter Kinderernährung auf, geben auf Portalen wie clever-naschen.de (Mars) Tipps zur „Förderung eines aktiven Lebensstils“ und zum „verantwortungsvollen Umgang mit Süßwaren“, wettern dort jedoch zugleich gegen staatliche Regulierungsmaßnahmen.
  • Durch politische Einflussnahme verhinderten vor allem die Großkonzerne die Einführung einer transparenteren Nährwertkennzeichnung nach dem Ampel-Prinzip.
  • Über Verbände wie den Lobbyverband BLL manipuliert die Industrie offizielle wissenschaftliche Empfehlungen: Bei den Standards der Bundesregierung für die Kita-Verpflegung erreichte der BLL, dass Geschmacksverstärker, künstliche Aromen und Süßstoffe weiter auf dem Speiseplan der Kleinsten stehen – anders, als es die vom Bund beauftragten Wissenschaftler ursprünglich empfohlen hatten.
Quelle: KiGGS-Studie, Robert-Koch-Institut 2008