Kinderkardiolog:innen warnen vor Energydrinks und kritisieren Studie von BfR und Charité
Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, schlechterer Schlaf: Führende Kinderkardiolog:innen warnen vor Energydrinks. Die kürzlich veröffentlichte EDKAR-Studie, wonach Energydrinks keine Herzschäden bei Kindern verursachen, sei wenig aussagekräftig.
Energydrinks wie Red Bull oder Monster sind insbesondere bei Kindern und Jugendlichen beliebt. Doch die stark koffeinhaltigen Getränke können für Minderjährige gesundheitsschädlich sein: Sie können den Blutdruck und die Herzfrequenz erhöhen, den Schlaf verschlechtern und Herzrhythmusstörungen begünstigen. Davor warnt eine Gruppe von renommierten Kinderkardiolog:innen um Prof. Dr. Nikolaus Haas, Direktor der Kinderkardiologie des Uniklinikums München.
Sind Tabak und Alkohol etwa gesund?
Vergangene Woche hatte die EDKAR-Studie vom Bundesinstitut für Risikobewertung und der Berliner Charité-Klinik vermeintlich Entwarnung gegeben: Demnach verursachen Energydrinks zunächst keine Herzschäden bei Kindern. Doch die Studie ist wenig aussagekräftig, kritisieren Prof. Dr. Haas und mehrere Kolleg:innen. Denn selbst Tabak- und Alkoholkonsum zeigt in den Studiendaten keine Veränderungen an der Herzgesundheit von Jugendlichen!
Trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, daraus den Schluss zu ziehen: Alkohol und Tabak sind kein Problem für Kinder.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen eindeutig, dass Energydrinks für Kinder und Jugendliche gefährlich sind. Der Konsum von Energydrinks für Kinder und Jugendliche muss aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt werden.Direktor der Kinderkardiologie des Uniklinikums München
„We strongly disagree“
Das Fazit der Kinderärzt:innen: Die Studie und die vorgelegten Daten liefern keine zuverlässigen Informationen über das Risiko von Herzerkrankungen durch Energydrinks: „We (…) strongly disagree”, schreiben die Mediziner:innen in einem Brief an das Fachjournal, in dem die Studie veröffentlicht wurde.
Studie mit erheblichen Mängeln
Nach Ansicht der Kindermediziner:innen weist die EDKAR-Studie „erhebliche Mängel in der Methodik“ auf:
- Für die Jugendlichen wurden fälschlicherweise nur Erwachsenen-Referenzwerte verwendet, beispielsweise für die einfachen Messwerte wie Gewicht, Größe und BMI, die Herzwanddicke und alle Echokardiographie-Messwerte.
- Notwendige Messmethoden wie 24-Stunden-EKG und 24-Stunden-Blutdruckmessung fehlten – ohne diese sind Bewertungen des Blutdrucks und des Risikos für Herzrhythmusstörungen nicht sinnvoll.
- Es war unklar, wann die Jugendlichen das letzte Mal Energydrinks zu sich genommen hatten, bevor sie untersucht wurden.
- Trotz dieser Fehler zeigten sich klare Trends bei der Dicke der Herzmuskulatur sowie beim Blutdruck. Außerdem hatte die Kontrollgruppe im Vergleich zu der Maximalgruppe zum Beispiel einen um 5 mmHg höheren diastolischen Blutdruck.
- An der kardiologischen Untersuchung nach der Onlinebefragung nahm nur noch rund ein Drittel der ausgewählten Minderjährigen teil – es besteht eine hohe Gefahr, dass dadurch die Ergebnisse verzerrt wurden.

Wir schützen unsere Kinder und Jugendlichen vor Tabak und Alkohol – und sollten sie auch vor gefährlichen Energydrinks schützen. Die Koffeinbomben sind nichts für Minderjährige.Kampagnen und Recherchen
Fünf Jahre Zeit vergeudet
Die EDKAR-Studie wurde bereits 2020 von der damaligen Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) in Auftrag gegeben. Erklärtes Ziel war, eine Entscheidungsgrundlage zu liefern, ob und wie Minderjährige vor einem übermäßigen Konsum von Energydrinks geschützt werden müssen. Jetzt – fünf Jahre später – hat sich immer noch nichts getan. Während andere Länder längst aktiv geworden sind: Polen, Lettland, Litauen und Rumänien haben den Verkauf von Energydrinks an Minderjährige bereits verboten, Großbritannien hat eine Altersgrenze angekündigt.
foodwatch setzt sich weiterhin für eine Altersgrenze von 18 Jahren für Red Bull, Monster und Co. ein!
Quellen und weiterführende Informationen
- EDKAR-Studie von BfR und Charité
- Bundesinstitut für Risikobewertung (2019): Kinder und Jugendliche: Übermäßiger Konsum von Energy Drinks erhöht Gesundheitsrisiko für Herz und Kreislauf
- Mediziner warnen im Bundestag vor Energydrinks und fordern Altersgrenze
- EDUCATE Studie der LMU München, auch bei Nature
- Studie von WHO-Expert:innen zu Gesundheitsrisiken durch Energy Drinks (2014)
- Koffein-Risikobewertung der EFSA (2015)
- Konsumstatistiken der EFSA zu Energy Drinks (2013)
- Pro-Kopf-Absatz von Energy Drinks und Sportgetränken in Deutschland in den Jahren 2018 bis 2024 mit einer Prognose bis 2028 (Statista)
- Poland bans energy drinks for under 18s