Pressemitteilung 20.06.2025

Neuer Report: Influencer:innen bewerben Nahrungsergänzungsmittel mit illegalen Gesundheitsversprechen

foodwatch fordert bessere Überwachung des Online-Markts

In den sozialen Medien ist irreführende Gesundheitswerbung für Nahrungsergänzungsmittel allgegenwärtig – das belegt ein neuer foodwatch-Report. Die Verbraucherorganisation hat Instagram-Posts von 95 Gesundheits- und Fitnessinfluencer:innen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: In allen Fällen, in denen mit Gesundheitsversprechen geworben wurde, war das aus Sicht von foodwatch unzulässig. Die Posts verstoßen unter anderem gegen die europäische Health-Claims Verordnung (HCVO), die Verbraucher:innen vor irreführender Werbung schützen soll. foodwatch sprach sich für eine bessere Kontrolle von Gesundheitswerbung im Netz aus.

„Was sich in sozialen Medien abspielt, ist der Wilde Westen der Gesundheitswerbung. Ohne Kontrolle, ohne Regeln, ohne Rücksicht auf Risiken“, sagte Dr. Chris Methmann, Geschäftsführer von foodwatch. „Die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln sind in Goldgräberstimmung – Verbraucher:innen zahlen, im schlimmsten Fall mit ihrer Gesundheit. Der wachsende Online-Markt muss endlich wirksam überwacht werden!”

Unzulässige Werbung ist die Regel, nicht die Ausnahme

foodwatch hat die Instagram-Stories von 95 Fitness- und Gesundheits-Influencer:innen über einen Zeitraum von 20 Tagen analysiert. In 358 Stories bewarben die Influencer:innen konkrete Nahrungsergänzungsmittel, insgesamt 152 verschiedene Produkte. foodwatch hat diese Stories auf Gesundheitsversprechen gemäß der HCVO gecheckt. Das Ergebnis: Rund ein Drittel der Instagram-Stories, in denen Nahrungsergänzungsmittel beworben werden, enthält gesundheitsbezogene Aussagen – und in sämtlichen Fällen stuft foodwatch diese Werbung als unzulässig ein. 

Drei Beispiele aus dem foodwatch-Report:

  • Klassische Heilungsversprechen: Die Influencerin Corinna Roloff (thecosmococo) berichtet in einem Instagram-Beitrag davon, dass ihre Leberwerte „wieder super sind”. Das habe sie auch dem Leberkomplex des Herstellers Sunday Natural zu verdanken. Die HCVO erlaubt nicht, mit der Heilung einer Krankheit zu werben.
  • Wissenschaftlich nicht belegte Behauptungen: Dmitrij Kreis (dimakreis) ist überzeugt:„Kollagensupplemente können helfen, (...) deine Haut elastischer, deine Gelenke geschmeidiger und deine Knochen noch stärker zu machen”. Der Influencer bewirbt Nahrungsergänzungsmittel seiner eigenen Marke DK Health. Für Kollagen sind keine Aussagen zu einer gesundheitlichen Wirkung zugelassen.
  • Allgemeine Gesundheitsversprechen: Albert Häußler alias albert.fitlifestyle suggeriert in einem Instagram-Post, dass bestimmte Nahrungsergänzungsmittel der Marke ESN „Schlaf und Regeneration” fördern würden. Ein solcher unspezifischer Claims ist laut HCVO nur dann zulässig, wenn er mit spezifischen, zugelassenen Claims gekoppelt wird. Das ist häufig nicht der Fall.

Zwei Unternehmen stechen besonders hervor: Die „The Quality Group“ aus Schleswig-Holstein (u. a. ESN, More Nutrition) und der Berliner Hersteller „Sunday Natural“. Die Marke ESN allein wurde in 47 Fällen mit illegalen Aussagen beworben. Die Marken kooperieren mit Dutzenden beliebten Influencer:innen, die bei ihren Follower:innen große Glaubwürdigkeit besitzen. Dahinter steckt ein Milliardenmarkt, der auch online immer stärker wächst.

Verbraucherschutz im digitalen Blindflug

foodwatch sieht das Hauptproblem bei der kommunal organisierten Lebensmittelüberwachung in Deutschland: Litten die Überwachungsämter ohnehin schon unter Personalmangel und kämen kaum hinterher, Hygienevorschriften in Restaurants zu kontrollieren, stießen sie bei der Überprüfung der Werbung in sozialen Medien endgültig an ihre Grenzen. Die Kontrolle des Online-Markts müsse auf Bundesebene gebündelt und die Überwachung ausreichend personell und finanziell ausgestattet werden, forderte foodwatch.