Nachricht 17.01.2023

foodwatch-Report: Auch Bio-Tiere massenhaft krank

mhp / Adobe Stock

Millionen Nutztiere leiden massiv unter Krankheiten, Verletzungen und Schmerzen - egal ob sie auf einem Bio-Hof oder einem konventionellen Betrieb leben. foodwatch hat nun einen Plan vorgelegt, wie eine Wende in der Tierhaltung gelingen kann.

Für den Report „Tierleid im Einkaufskorb“ hat foodwatch zahlreiche tiermedizinische Studien ausgewertet. Das Ergebnis ist vernichtend:  In allen Haltungsstufen leiden Tiere unter schweren, produktionsbedingten Krankheiten.

Ein Beispiel: Knapp 40 Prozent aller Schweine in konventioneller Haltung haben krankhafte Befunde wie Lungenentzündungen, offene Wunden oder Abszesse – in der Bio-Haltung sind es mit 35 Prozent  kaum weniger.

Euterentzündungen, Abzesse, Knochenbrüche 

Bei anderen Nutztieren zeigt sich ein ähnliches Bild: Bis zu 39 Prozent aller Milchkühe leiden an schmerzhaften Erkrankungen der Klauen. Bei jeder zweiten Milchkuh in einem Bio-Stall wurden Euterentzündungen festgestellt. Bis zu 97 Prozent aller Legehennen weisen Knochenbrüche auf – in Käfighaltung ebenso wie in der Bio-Haltung. 

Eier, Milch und Fleisch dieser kranken Tiere landen trotzdem massenhaft im Supermarkt, ohne dass das für Verbraucher:innen ersichtlich ist. 

17.01.2023
Die Tiergesundheit ist das wichtigste Kriterium, nicht die Haltungsbedingungen. Eine lahme Kuh hat auch von einer Weide nichts.
Prof. Dr. Albert Sundrum, ehemaliger Fachgebietsleiter Tierernährung und Tiergesundheit an der Universität Kassel

Haltungsform nicht entscheidend für Gesundheitszustand

Die öffentliche Diskussion um eine bessere Tierhaltung dreht sich bislang lediglich um neue Siegel oder Stallumbauten, dabei zeigen die Studien ganz klar: Kranke und verletzte Tiere gibt es auf kleinen Bio-Höfen genauso wie in großen Tierfabriken. Ob Hühner, Schweine oder Kühe gesund sind, hängt nicht nur davon ab, ob der Stall ein paar Zentimeter größer ist oder Stroh auf dem Boden liegt, sondern ganz entscheidend auch vom Stallmanagement - also wie gut, oder schlecht,  die Landwirtin oder der Landwirt den Betrieb führt.

Nutztierhaltung ist hochkomplex und stellt große Anforderungen an die Halter:innen. Während es manche Betriebe schaffen, konstant gute Tiergesundheit zu erreichen, gibt es auf anderen Höfen immer wieder Probleme mit kranken und verletzten Tieren.

Die vom Bundeslandwirtschaftsminister geplante Tierhaltungskennzeichnung ist deshalb nicht die Lösung. Denn das Siegel informiert lediglich über Unterschiede in der Haltungsform – nicht aber über den Gesundheitszustand der Tiere.

Die Debatte um Tiergesundheit erinnert an die Klimakrise: Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig, werden aber politisch ignoriert.
Annemarie Botzki Recherche und Kampagnen

foodwatch-Leitfaden für mehr Tiergesundheit

Bisher gibt es keinerlei gesetzliche Vorgaben für Tierhalter:innen, dass sie ihre Tiere gesund halten müssen – weder in der ökologischen noch in der konventionellen Haltung. Das muss sich ändern. foodwatch hat einen Leitfaden vorgestellt, wie das gelingen kann.

  1. Der Gesundheitszustand von Nutztieren muss für jeden Betrieb systematisch erfasst werden. Dafür können auch Daten verwendet werden, die bereits heute erhoben werden, zum Beispiel in Schlachthöfen.
  2. Auf Basis der erhobenen Daten muss ein überbetrieblicher Gesundheitsindex eingeführt werden, mit dem verglichen werden kann: Welche Betriebe schneiden gut ab? Welche Betriebe haben immer wieder Probleme mit kranken Tieren?
  3. Betriebe mit mangelhafter Tiergesundheit müssen beraten und zu Verbesserungen aufgefordert werden. Für Betriebe mit wiederholt schlechten Ergebnissen muss es Konsequenzen geben, etwa die Kürzung von Agrarsubventionen oder, als letztes Mittel, ein Tierhaltungsverbot. Landwirt:innen, die gut abschneiden, müssen hingegen belohnt werden. Sie könnten zum Beispiel von Molkereien und Schlachthöfen höhere Preise ausgezahlt bekommen.
Wir erarbeiten eine Tiergesundheitsstrategie und etablieren eine umfassende Datenbank.
Die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag

Die Bundesregierung ist jetzt am Zug, eine solche Tiergesundheitsstrategie vorzulegen und umzusetzen! Unterzeichnen Sie jetzt unseren Appell und unterstützen Sie diese Forderung!