Newsletter 10.10.2013

Herr Bode, Sie sind doch gescheitert!

Hallo und guten Tag,

Sie sind doch gescheitert, Herr Bode! Diesen Vorwurf schleuderte mir kürzlich der Topmanager eines Lebensmittelkonzerns entgegen. Eine Unverschämtheit? Oder hat der Mann Recht? Fraglos, Einiges haben wir seit der Gründung von foodwatch vor 11 Jahren erreicht. Wir haben dreiste Werbelügen gestoppt, Hersteller mussten ihre Produkte aus den Regalen nehmen und es gibt ein „Verbraucherinformationsgesetz“. Doch leider ist immer noch Fakt: Der tägliche Lug und Trug im Supermarkt ist die skandalöse Normalität. 
Skandalös vor allem deshalb: Der Etikettenschwindel ist ganz legal. Weshalb die Konzerne eine perfekte Ausrede haben: Was legal sei, könne doch nicht falsch sein! Das sehen wir von foodwatch natürlich ganz anders. Wir brauchen andere Gesetze. Damit morgen verboten ist, was heute erlaubt ist! 

Sie werden es nicht glauben, selbst nach vielen Jahren foodwatch entdecken wir in schöner Regelmäßigkeit Täuschungsmanöver, die uns buchstäblich die Schuhe ausziehen:

1. Ranziges „Frischfleisch“: Wussten Sie, dass das abgepackte, vermeintlich rosige und frische Fleisch in der Tiefkühltheke oft in den inneren Schichten braun aussieht und ranzigsein kann? Das Zaubermittel heißt vertrauenseinflößend „Schutzatmosphäre Verpackung“. Diese enthält aber ein hochgradig mit Sauerstoff angereichertes Gas, das die rosige Frische nur vorgaukelt und in Wirklichkeit den Verderbnisprozess sogar beschleunigt!

Wir fordern: Vakuumverpackung, damit ranziges Fleisch auch ranzig aussieht!

2. Versteckte Tiere: Wussten Sie, dass in Produkten wie Obstsaft, Brot oder Chips häufig Tierbestandteile stecken? Unfassbar? Ja, aber eine Tatsache! Fischgelatine in Multivitaminsaft, Auszüge aus Schweineborsten in Brot und Geflügelbestandteile in Chips müssen nicht immer deklariert werden.

Wir fordern: Ehrliche Deklaration von allen tierischen Bestandteilen in Lebensmitteln!

3. Täuschung im Gasthaus: Wussten Sie, dass Restaurantbetreiber nicht verpflichtet sind, alle Zusatzstoffe - wie es bei im Supermarkt verkauften Produkten der Fall ist - anzugeben? Und deshalb bevorzugt Ware verwenden, deren Zusatzstoffe in der Gastronomie nicht deklariert werden müssen („deklarationsfreie Ware“), damit die Speisekarte makellos aussieht? Ganz zu schweigen davon, dass Sie als Gast nicht erkennen können, ob eine Mahlzeit frisch zubereitet wurde oder aus der Tüte kommt?

Wir fordern: Volldeklaration von Zusatzstoffen auch im Restaurant!

4. Imitate: Wussten Sie, dass ein „Wasser mit Geschmack“, das auf der Verpackung mit einem grünen Apfel wirbt, weder einen Apfel noch Spuren eines Apfels enthalten muss? Und dass noch nicht mal das stattdessen enthaltene Apfelaroma aus Apfel hergestellt sein muss? Das „Apfel-Wasser“ also rein GAR NICHTS mit einem Apfel zu tun haben muss?

Wir fordern: Wenn Früchte auf der Verpackung abgebildet sind, müssen sie auch drin sein!

5. Und kann ich Sie mit Bio trösten? Leider nicht! In Biomärkten finden Sie zu Hauf Müslis extra für Kinder, die - genau wie konventionelle „Kindermüslis“ - zu 30 Prozent aus Zucker bestehen! Also mitnichten als Kinderfrühstück geeignet sind. Warum? Weil es für das „Bio-Siegel“ eines Kindermüslis reicht, wenn die Zutaten (der Zucker!) aus kontrolliert biologischen Anbau stammen!

Wir fordern: Wo Bio drauf steht, darf keine Zuckerbombe für Kinder drin sein!

Haben Sie jetzt genug? Wir auch! Aber leider ließe sich diese Liste beliebig fortsetzen. Und leider ist die These, wir hätten nicht viel erreicht, deshalb keineswegs falsch. Aber eines ist auch wahr: Wir waren es, die diesen systematischen Schwindel und Betrug öffentlich gemacht und auf die politische Tagesordnung gesetzt haben. Und mittlerweile haben auch zahlreiche  Politiker verstanden - denn sie gehen auch im Supermarkt einkaufen - dass das nicht so weiter gehen darf. Jetzt muss das politische Handeln kommen! Doch dazu braucht es - so funktioniert Politik - viel Öffentlichkeit, viel Überzeugung, viel fachliches Wissen und Expertise - und: Druck! Und dafür liebe Unterstützer, brauche ich Ihre Hilfe!

Unterstützen Sie mein Team und mich und werden Sie Förderer/Förderin von foodwatch!

Mit einem winzigen Team von 14 Menschen führen wir die Auseinandersetzung mit den übermächtigen Lebensmittelkonzernen, die mehr für Werbung ausgeben, als alle deutschen Autokonzerne zusammen. Ja, das Gleichnis von David gegen Goliath ist wahrlich nicht fehl am Platz. Unsere Stärke ist: Wir haben die besseren Argumente. Aber das alleine reicht nicht. Deshalb: werden Sie Förderer/Förderin von foodwatch!

Jedes neue Mitglied von foodwatch ist nicht nur ein Stachel im Fleisch der Lebensmittelindustrie, es erhöht unsere Legitimation und Schlagkraft gegenüber der Politik! Je mehr wir sind, desto mehr muss die Politik auf uns hören und die Gesetze, die diesen absurden Schwindel legalisieren, endlich so ändern, dass wir ehrliche Lebensmittel kaufen können. Zurzeit haben wir knapp 30.000 foodwatch Förderer. Helfen Sie uns und werden Sie Förderer/Förderin von foodwatch, damit wir bald 50.000 sind.

Übrigens: Sowohl die Lebensmittelkonzerne als auch die Politik beobachten das Wachstum von foodwatch sehr genau und dieses Wachstum hat jetzt schon Einfluss auf ihr Handeln. Sie trauen sich nicht mehr alles! Schon deshalb. Werden Sie Förderer/Förderin von foodwatch.

Vielen Dank und herzliche Grüße,
Ihr Thilo Bode