Nachricht 14.12.2020

„Mission Fleisch“: Wie sauber ist die Wurstfabrik?

Trotz wiederholter Skandale in der Fleischbranche landen die meisten Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen in den Schubladen der Behörden. Auf der Plattform „Topf Secret – Mission Fleisch“ können Bürgerinnen und Bürger jetzt erstmals Kontrollergebnisse aller Wurst- und Fleischbetriebe abfragen und online stellen. 

Bisher machen die Behörden nur in Ausnahmefällen öffentlich, wie es um die Sauberkeit der Fleischbetriebe bestellt ist. Dabei kann mangelnde Hygiene fatale Folgen für die Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern haben. Das hat nicht zuletzt der Listerien-Ausbruch beim Wursthersteller Wilke gezeigt, mit dem mindestens drei Todesfälle und dutzende Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Es ist Zeit für mehr Transparenz in der Fleischbranche: Auf der neuen Plattform „Topf Secret – Mission Fleisch“ von foodwatch und der Transparenz-Initiative FragDenStaat können Bürgerinnen und Bürger nun erstmals die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen in allen Fleisch- und Wurstbetrieben Deutschlands abfragen – vom Metzger nebenan bis zu Betrieben der großen Fleischkonzerne. 

Mit ‚Mission Fleisch‘ wollen wir Licht ins Dunkel der Fleisch- und Wurstbetriebe bringen – und die Branche so transparent wie möglich machen.
Arne Semsrott Projektleiter von FragDenStaat

Erst „Topf Secret“ – jetzt „Mission Fleisch“

Seit 2019 gibt es auf der Plattform „Topf Secret“ bereits die Möglichkeit, die Ergebnisse von amtlichen Lebensmittelkontrollen in Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelunternehmen abzufragen. Doch Fleischbetriebe waren bisher nur sehr unvollständig auf der Plattform abgebildet. Bei „Mission Fleisch“ können Nutzerinnen und Nutzer jetzt anhand der Betriebsnummer, die sich auf jedem verpackten Fleischprodukt findet, eine Anfrage zu dem konkreten Herstellungsbetrieb stellen. Wer keine Fleisch- oder Wurstverpackung zur Hand hat, kann alternativ per Klick auf einer Straßenkarte jeden beliebigen Fleischbetrieb aussuchen. Über einen Filter ist es zudem möglich, die Betriebe von großen Fleischkonzernen wie Tönnies, Westfleisch oder Wiesenhof zu finden. Die Plattform erkennt automatisch, welche Behörde für welchen Betrieb zuständig ist und übermittelt den Antrag direkt dorthin. Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten die Kontrollergebnisse allerdings erst nach mehreren Wochen. Im Anschluss können sie die die Ergebnisse auf der Plattform hochladen. Die gesetzliche Grundlage ist das Verbraucherinformationsgesetz (VIG), die Behörden sind also zur Auskunft verpflichtet.

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Seit Jahren streiten Bund und Länder über das Thema Transparenz – ohne Ergebnis. Das hilft den Ekel-Betrieben und schadet den sauber arbeitenden Qualitätsunternehmen.
Oliver Huizinga Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch

Vorbilder Dänemark, Wales und Norwegen

Ganz klar: „Mission Fleisch“ ist nicht perfekt und kann nur eine Zwischenlösung sein.  Wir brauchen eine gesetzliche Regelung, die Unternehmen dazu verpflichtet, die Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen konsequent zu veröffentlichen. Nur so haben die Betriebe einen Anreiz, sich an die geltenden Gesetze zu halten. Erfahrungen aus Dänemark, Wales oder auch Norwegen zeigen: Transparenz über die Ergebnisse der Kontrollen führt zu weniger Beanstandungen und verbesserter Hygiene.  In Dänemark zum Beispiel erfahren Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet und direkt an der Ladentür sowie in einer Online-Datenbank anhand von Smiley-Symbolen, wie es um die Sauberkeit in den Betrieben bestellt ist. Nach Einführung des Transparenz-Systems hat sich die Quote der Beanstandungen halbiert, von 30 auf rund 15 Prozent. Auch in Wales oder Norwegen konnten die Beanstandungsquoten nach Einführung vergleichbarer Transparenzsysteme deutlich verringert werden. 

In Deutschland veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) jährlich anonymisierte Statistiken und Daten über die Lebensmittelüberwachung. Die Quote der beanstandeten Betriebe lag viele Jahre nahezu unverändert bei rund 25 Prozent. Seit 2017 ist die reale Beanstandungsquote unbekannt, da das BVL die statistische Datenerfassung geändert hat und nicht mehr alle Beanstandungen erfasst werden .