Nachricht 01.02.2024

Supermarkt-Ranking: Was bringen die Umweltversprechen von Aldi, Rewe & Co.?

foodwatch [M], Heorshe/stock.adobe

Greenwashing beim Umweltschutz: Aldi, Rewe & Co. tun zu wenig, um den Einsatz von Pestiziden bei der Produktion von Getreide, Obst und Gemüse zu reduzieren. Das zeigt ein foodwatch-Ranking von Handelsketten in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden.

Mit Nachhaltigkeitssiegeln und grünen Werbeplakaten gaukeln Aldi, Rewe & Co. Verbraucher:innen vor, ihnen würde der Umweltschutz besonders am Herzen liegen. Doch auf den Feldern werden nach wie vor hochgiftige Pflanzengifte versprüht – mit gravierenden Folgen für die Umwelt, Klima und Artenvielfalt.

Die meisten Supermärkte haben weder eine kohärente Strategie zur Pestizid-Reduktion. Noch wissen sie genau, wie viele und welche Pflanzengifte ihre Zulieferer einsetzen. Das zeigt das aktuelle Supermarkt-Ranking, für das foodwatch Handelsketten in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden befragt hat.

Deutsche Supermärkte im Mittelfeld

Im Länder-Vergleich rangieren die meisten deutschen Supermärkte im Mittelfeld. Zwar haben einige Supermärkte, darunter Edeka, den Einsatz von Pestiziden beim Anbau von Obst und Gemüse als Problem erkannt. Doch die Reduktionsstrategien der Unternehmen zielen vornehmlich darauf ab, lediglich die Pestizid-Rückstände in den Endprodukten zu reduzieren, nicht jedoch den Gebrauch von Ackergiften schon beim Anbau insgesamt zu senken.

Zudem wird der massive Einsatz von Pflanzengiften in der Getreideproduktion kaum beachtet. Dabei entfallen auf Weizen und Gerste etwa 45 Prozent des Pestizideinsatzes in Deutschland. Wenn die Supermärkte ihre Marktmacht nutzen würden und nur noch pestizidfreie Getreideprodukte verkauften, würde das den Pestizideinsatz in Deutschland auf einen Schlag deutlich reduzieren.

Es reicht nicht aus, hübsche Plakate aufzuhängen und ein paar Bio-Produkte anzubieten. Aldi, Rewe & Co. müssen endlich ernst machen und den Einsatz von Pflanzengiften reduzieren - insbesondere auf den riesigen Getreideanbauflächen.
Annemarie Botzki foodwatch International

Schweizer Handelskette Migros vorn

Gewinner des Rankings ist die Schweizer Handelskette Migros. In jeder Getreidekategorie – zum Beispiel Brot, Müsli und Backwaren – bietet der Supermarkt schon jetzt pestizidfreie Produkte an. Dafür unterstützt das Unternehmen Landwirt:innen bei der Umstellung von konventionellem auf pestizidfreien Anbau. Bis spätestens 2030 will Migros ausschließlich Produkte anbieten, die ohne den Einsatz von Pestiziden hergestellt wurden.

Supermarkt-Ranking

Migros ist der einzige von uns ausgewertete Supermarkt, der eine umfassende Strategie zur Reduktion des Pestizideinsatzes im Getreideanbau hat. Die Handelskette erfüllt alle drei Kriterien für eine grüne Klassifizierung in der Kategorie "Strategie zur Reduktion des Pestizideinsatzes bei Getreideprodukten":  Erstens verfolgt Migros mit seiner Beschaffungspolitik das Ziel, das Angebot an pestizidfreien Produkten zu erhöhen. Zweitens bietet Migros in jeder Getreidekategorie (z.B. Brot, Müsli und Backwaren) pestizidfreie Produkte an. Drittens unterstützt das Unternehmen Landwirt:innen bei der Umstellung von konventionell auf pestizidfrei. Die Handelskette will bis spätestens 2030 ausschließlich Produkte anbieten, die ohne den Einsatz von Pestiziden hergestellt wurden.

Tegut hat keine spezifische Strategie, um den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. Der Bio-Anteil bei Obst und Gemüse liegt jedoch bei 51,4 %, bei Brot- und Backwaren bei 43 %. Um den Anteil der Bioprodukte im Angebot weiter zu erhöhen, hat Tegut zwei Produktsparten etabliert: "Bio Vegan" und "Bio zum kleinen Preis". Letzteres bietet Bioprodukte zu niedrigeren Preisen an.
In den eigenen Backstationen verwendet der Supermarkt ausschließlich Bio-Weizen. Das Brot der Eigenmarke „Herzberger“ ist zu 100 % Bio.

Edeka hat lediglich für Zitrusfrüchte, also Zitronen, Orangen oder Limetten, eine konkrete Strategie zur Reduzierung des Pestizid-Einsatzes. In Zusammenarbeit mit der Umweltorganisation WWF will Edeka besonders giftige Pestizide verbannen. Zudem macht die Handelskette seinen Zulieferern von Zitrusfrüchten Vorgaben, weniger Pestizide einzusetzen. Laut Edeka haben die an dem Zitrus-Projekt teilnehmenden Landwirte den Einsatz von Pestiziden in der Primärproduktion seit 2015  um 76 % reduziert. Edeka will mit einem ähnlichen Programm auch den Pestizid-Einsatz im Bananenanbau reduzieren.

Rewe fehlt eine spezifische Strategie zur Verringerung des Einsatzes von Pestiziden. Zwar umfasst die Rewe-eigene Bio-Marke (Rewe Bio) rund 800 Artikel. Unklar bleibt jedoch, wie hoch der Bio-Anteil am Gesamtsortiment ist. Ein Anreiz für den Umstieg auf Bio soll das Konzept der "Rewe Wegbereiter" sein.

Lidl Deutschland fehlt ein konkreter Plan zur Reduzierung des Pestizideinsatzes in der Getreideproduktion. Obwohl der Einzelhändler ein Expertengremium eingerichtet hat, das sich mit bestimmten Pestiziden befasst, liegt der Schwerpunkt eher auf der Überwachung der Rückstandsmengen als auf der Umsetzung einer übergreifenden Strategie zur Reduzierung des Pestizideinsatzes. Lidl bietet ein vielfältiges Sortiment an 400 Bio-Produkten an, auch innerhalb der Getreidekategorien. Derzeit hat das Dauersortiment einen Anteil von 8 % an Bio-Produkten.

ALDI SÜD hat keine konkrete Strategie zur Verringerung des Einsatzes von Pestiziden. Der Discounter hatte 2022 rund 550 Bio-Produkte im Sortiment, was nach Angaben des Einzelhändlers einem Bio-Anteil von rund 15 Prozent entspricht (ohne Sonder- und saisonale Produkte). Im Jahr 2023 ist ALDI SÜD zudem eine strategische Partnerschaft mit dem Öko-Verband Naturland eingegangen.


Supermärkte: Brot ohne Pestizide!

foodwatch begrüßt zwar die Strategie vieler Supermärkte, mehr Bioprodukte in ihr Sortiment aufzunehmen. Bei der Handelskette Tegut zum Beispiel liegt der Bio-Anteil bei Backwaren mittlerweile bei mehr als 40 Prozent. Das allein reicht aber nicht aus. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten in allen Preissegmenten Produkte finden können, die ohne den Einsatz von Pestiziden erzeugt wurden. Nur auf diese Weise kann eine gesunde Ernährung gewährleistet und ein wirksamer Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt und zum Schutz des Grundwassers geleistet werden.

foodwatch fordert, dass die Supermärkte

  1. sich verpflichten, das gesamte Sortiment an Getreideprodukten pestizidfrei zu machen,
  2. eine Beschaffungspolitik umsetzen, die „pestizidfreie“ Getreideprodukte bevorzugt, mit einem Übergangsplan für Landwirt:innen, der ihnen faire Preise garantiert,
  3. jährlich Daten veröffentlichen, aus denen hervorgeht, welche Produkte pestizidfrei produziert werden und welche nicht.

Mehr als 70.000 Menschen haben schon an ihre Supermärkte geschrieben und  „Brot ohne Pestizide!“ gefordert. Seien Sie dabei und unterzeichnen Sie unsere Petition!

Rewe, Aldi und Co: Brot ohne Pestizide!

Unsichtbar und geruchlos: Auf Getreide-Feldern werden massenhaft Pestizide eingesetzt. Dies gefährdet nicht nur Insekten und Pflanzen, wir essen auch Brot mit vielen Pestizidrückständen.  Zusammen fordern wir: Rewe, Aldi und Co. müssen ihre Marktmacht nutzen und auf pestizidfreies Brot, Mehl und Müsli umstellen!

Jetzt unterzeichnen!