Nachricht 12.11.2023

Teuer und unnötig: Marktcheck Protein-Lebensmittel

Von Protein-Pudding bis Eiweiß-Brot: Lebensmittel, die als spezielle Protein-Produkte vermarktet werden, sind oft deutlich teurer als herkömmliche Vergleichsprodukte. Dabei ist das zugesetzte Protein völlig unnötig. Selbst Sportler:innen können ihren erhöhten Eiweißbedarf durch eine ausgewogene Ernährung decken. 

Immer mehr Lebensmittel werden als spezielle „High Protein“-Produkte vermarktet. Wir haben uns den Hype genauer angeschaut. Unser Marktcheck zeigt: Proteinlebensmittel sind oft deutlich teurer als Vergleichsprodukte.  Das Seitenbacher Protein Müsli ist beispielsweise 86 Prozent teurer als das Fitness Müsli des gleichen Herstellers. Das Eiweiß-Brot von Mestemacher kostet 145 Prozent mehr als ein vergleichbares Brot. Die größte Preisabzocke kommt von Dr. Oetker: Der High Protein Vanille Pudding zum Anrühren kostet satte 224 Prozent mehr als das Vergleichsprodukt des Herstellers, ist also mehr als dreimal so teuer.

Zugesetztes Proteinpulver überflüssig

Dabei ist das zugesetzte Protein völlig unnötig. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen eine tägliche Proteinzufuhr von 0,8g pro kg Körpergewicht – diese Menge kann in der Regel problemlos über eine ausgewogene Ernährung erreicht werden, etwa mit Hülsenfrüchten, Nüssen, Fisch und auch Fleisch und Milchprodukten. Selbst Menschen, die mehrmals die Woche Sport treiben, können laut DGE ihren erhöhten Proteinbedarf decken, ohne auf mit Eiweiß angereichte Lebensmittel zurückzugreifen. Eine Studie im Auftrag des Bundesernährungsministeriums hat zudem gezeigt, dass Menschen in Deutschland eher zu viel Protein konsumieren. Doch die Lebensmittelindustrie nutzt den Fitness-Trend aus und dreht Verbraucher:innen nutzlose und völlig überteuerte Proteinprodukte an. 

Abzocke: Ein bisschen zugesetztes Proteinpulver und Süßstoff statt Zucker macht aus einem Pudding noch lange kein gesundes Lebensmittel.
Laura Knauf Campaignerin bei foodwatch

Marktcheck Protein-Produkte

Fotostrecke 12.11.2023

Wachsender Markt für vermeintliche Fitness-Produkte

Trotzdem wächst der Markt für Protein-Lebensmittel: Das Marktforschungsunternehmen Nielsen IQ hat für das Magazin Spiegel ermittelt, dass Verbraucher:innen in Deutschland mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr für Proteinprodukte ausgeben – fast 50 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Auch und gerade in den sozialen Medien werden die hochverarbeiteten Protein-Produkte beworben. Ehrmann beispielsweise vermarktet seinen „High Protein Pudding“ auf Instagram mit Bildern junger, durchtrainierter Menschen – und suggeriert damit, Pudding gehört auf den Speiseplan von Sportler:innen.

Ein breites Spektrum natürlicher Lebensmittel ganz ohne Zusatzstoffe ist die beste Wahl, um den körpereigenen Proteinbedarf zu decken. Je natürlicher desto besser! Hülsenfrüchte etwa weisen einen Proteingehalt von fast 30 Prozent auf und liefern außerdem wertvolle Kohlehydrate, die für die Stimulation des Muskelaufbaus essenziell sind. Mit einer ausgewogenen Ernährung bieten wir unserem Organismus alles, was er braucht – im Training wie im Alltag.
Dr. Ingo Froböse Sportwissenschaftler der Deutschen Sporthochschule Köln

Damit ihre Produkte mit einem höheren Proteingehalt beworben werden können, setzen die Hersteller das Eiweiß meist künstlich zu. Bei Milchprodukten zum Beispiel in der Regel Molkeneiweiß – eigentlich ein Abfallprodukt, das bei der Käseherstellung anfällt und auch in Tierfutter verarbeitet wird. Den günstigen Rohstoff lassen sich die Hersteller von Protein-Produkten teuer bezahlen. Für Dr. Oetker, Ehrmann und Co. ist das ein Riesengeschäft – aus Verbrauchersicht einfach dreiste Abzocke.