Frage des Monats 01.01.2023

Was sind die Vorteile einer vegetarischen oder veganen Ernährung? Und worauf muss ich achten?

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Ernährungsberaterin Alice Luttropp antwortet:

Mittlerweile dürfte allen klar sein: Unser aktuelles Ernährungssystem ist nicht nachhaltig. Das hängt vor allem an unserem großen Hunger auf Fleisch. Die Produktion tierischer Lebensmittel geht mit einem hohen Ausstoß von Treibhausgasen einher, der Anbau von Futtermitteln verbraucht große Flächen. Nicht zuletzt leiden viele Nutztiere unter vermeidbaren Krankheiten und Schmerzen. Ob man komplett auf Fleisch oder sogar alle tierischen Produkte verzichten möchte, ist eine ethische Frage, die jede(r) für sich beantworten muss. Fakt ist: Auch aus gesundheitlicher Sicht wäre es für viele Menschen ratsam, ihren Fleischkonsum zu verringern. 

Zu viel Fleisch macht krank

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein hoher Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch wie Wurst das Risiko für einen Schlaganfall, koronare Herzerkrankung, Dickdarmkrebs oder Typ-2-Diabetes erhöht. Obst und Gemüse senken dagegen das Risiko für diese Krankheiten. 

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche zu verzehren. Die Deutschen essen im Schnitt laut der Nationalen Verzehrstudie deutlich mehr, Männer täglich durchschnittlich ganze 160 Gramm.  Pflanzliche Lebensmittel kommen dagegen in zu geringen Mengen auf den Tisch. Die empfohlenen mindestens 400 Gramm Gemüse am Tag schaffen nur wenige Menschen. Auch um die Zufuhr von Ballaststoffen ist es bei den meisten Menschen schlecht bestellt. Auch hier haben Menschen, die sich pflanzlich ernähren, die Nase vorn, da Gemüse und Hülsenfrüchte einen hohen Ballaststoffgehalt haben.

Abwechslung ist immer gut - auch bei Proteinen

Im Umkehrschluss heißt das nicht, dass es sich ohne tierische Produkte automatisch gesünder lebt. Zumindest nicht, wenn man als „Puddingvegetarier:in“ hauptsächlich Beilagen wie Kartoffeln oder Nudeln oder Süßes zu sich nimmt. Auch als Vegetarier:in sollte man auf einen möglichst abwechslungsreichen Speiseplan achten, der etwa genug Proteine beinhaltet. Bei einer vegetarischen Ernährung mit Milchprodukten besteht in der Regel kein Risiko, zu wenige Proteine zu sich zu nehmen. Bei Menschen, die komplett auf tierische Lebensmittel verzichten, kann das jedoch ein Thema sein. Gute pflanzliche Proteinquellen sind etwa Hülsenfrüchte, Sojaprodukte, Seitan oder Nüsse. Wichtig auch hier: Abwechslung. Immer nur auf eine Proteinquelle zu setzen, kann zu einem Mangel an kritischen Aminosäuren führen. Im menschlichen Körper werden diese „unentbehrlichen“ Aminosäuren zum Aufbau von Proteinen benötigt. Ohne eine regelmäßige Aufnahme können Mangelerscheinungen auftreten.

Auf "biologische Wertigkeit" achten

Die sogenannte „biologische Wertigkeit“ von Proteinen ist ein Maß dafür, wie gut ein Nahrungseiweiß zur Bildung von körpereigenem Protein genutzt werden kann. Mit einem Wert von 100 besitzen Hühnereier die höchste biologische Wertigkeit. Besonders wichtig ist es, verschiedene Proteinquellen miteinander zu kombinieren, auch so lässt sich eine hohe Wertigkeit erreichen: Gute Kombinationen sind etwa Kartoffeln mit Quark, Bohnen und Mais im Chili sin Carne oder Bohnensuppe mit Vollkornbrot.

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Haferflocken und Linsen punkten beim Eisengehalt

Auch Eisen ist ein Thema, das Menschen, die sich vor allem pflanzlich ernähren, auf dem Schirm haben sollten. Denn auch wenn Eisen in vielen Vollkornprodukten und Gemüsen enthalten ist, wird dieses vom Körper nicht so gut aufgenommen wie tierisches Eisen. Gerade für Frauen, die menstruieren, empfiehlt es sich, regelmäßig den Eisenspiegel kontrollieren zu lassen. Eingerissene Mundwinkel, Schwäche oder Unkonzentriertheit können Zeichen für einen Eisenmangel sein. Eisenreiche pflanzliche Nahrungsmittel sind etwa Weizenkleie, Haferflocken, Linsen, Sesam und grüne Gemüsesorten. Vitamin C erleichtert die Eisenaufnahme – praktisch für Pflanzenköstler:innen, da Obst und Gemüse viel Vitamin C enthalten. Kaffee oder schwarzer Tee behindern die Eisenaufnahme dagegen.

Kalziumbedarf einfach mit Mineralwasser decken

Für Vegetarier:innen ist eine ausreichende Versorgung mit Kalzium über Milchprodukte in der Regel kein Problem. Besonders viel davon ist in wasserarmem Hartkäse wie z.B. Parmesan enthalten, aber auch andere Käsesorten wie Mozzarella sind nennenswerte Kalziumquellen. Veganer:innen können ihren Kalziumbedarf problemlos über kalziumreiche Mineralwässer decken. Auch Nüsse sind sehr kalziumreich. Es gibt außerdem Pflanzenmilchprodukte, die mit dem Mineralstoff angereichert sind.

Auch eine gute Versorgung mit Jod ist relevant für Vegetarier:innen und Veganer:innen, da Jod vor allem in Fisch und Meeresfrüchten enthalten ist. Am besten, man würzt mit Jodsalz.

B12 muss sein

Veganer:innen müssen Vitamin B12 über Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen, da pflanzliche Lebensmittel keine verwertbare Form des Vitamins in ausreichender Menge beinhalten. Vitamin B12 ist unter anderem für die Zellteilung, Blutbildung und Nervenfunktion wichtig. Vegetarier:innen haben daran normalerweise keinen Mangel, da es auch in Milchprodukten vorkommt.

Die Versorgung mit Ballaststoffen ist bei Vegetarier:innen und Veganer:innen in der Regel deutlich besser als die von Mischköstlerinnen. Aber Achtung: Werden Kinder vegan ernährt, können diese sogar zu viele Ballaststoffe zu sich nehmen. Das kann zum Problem werden, da Kinder einen höheren Energiebedarf pro Kilogramm Körpergewicht haben, da sie wachsen. Was bei vielen Erwachsenen wünschenswert ist, nämlich, dass Ballaststoffe bei niedriger Energiedichte satt machen, kann bei Kindern zu Kalorienmangel führen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei veganer und vegetarischer Ernährung von Kindern eine Ernährungsberatung hinzuzuziehen.

Fazit: Eine Ernährung, die vor allem auf pflanzlichen Lebensmitteln basiert, macht Sinn – sowohl für die Gesundheit als auch für die Umwelt. Orientieren kann man sich zum Beispiel am Speiseplan der Planetary Health Diet.