Frage des Monats 01.04.2023

Dünn gleich gesund?

SHVETS production / Pexels

Ein schlanker Körper gilt gemeinhin als gesund. Doch stimmt das?

Ernährungsberaterin Alice Luttropp antwortet:

Menschen mit starkem Übergewicht tragen tatsächlich ein höheres Risiko für ernährungsbedingte Krankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauferkrankungen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass dünne Menschen automatisch gesünder sind. Es kommt hier – wie so oft – auf die „inneren Werte“ an, vor allem auf die Verteilung von Muskeln und Fett. Auch Menschen mit einem Body-Maß-Index (BMI) im Normalbereich können wenig Muskelmasse und zu viel Fettgewebe aufweisen. Das sieht man ihnen unter Umständen gar nicht an, es lässt sich nur durch eine Körperfettmessung oder im MRT erkennen.

Das Phänomen "Dünne Dicke"

Diese Menschen, die äußerlich schlank aussehen, aber einen hohen Körperfettanteil oder gar eine Fettleber besitzen, nennt man auch dünne Dicke oder TOFIs. Diese Abkürzung steht für „Thin outside, fat inside“, also „Außen dünn, innen dick“. 

Die vereinfachte Faustregel fürs Schlankbleiben ist: Nicht mehr Kalorien aufnehmen, als man verbrennt, es geht also um eine ausgewogene Kalorienbilanz. TOFIs nehmen nicht unbedingt zu viele Kalorien auf, bleiben also schlank. Sie ernähren sich aber unausgewogen, häufig mit viel zu viel Zucker, einfachen Kohlehydraten und ungünstigen Fetten. Und sie bewegen sich nicht ausreichend, so dass die Muskulatur nur sehr schwach ausgeprägt ist. 

Für alle wichtig: Gute Ernährung und Bewegung

Um gesund zu bleiben, kommt es nicht nur auf die Quantität, sondern vor allem auch die Qualität an. Das Essen sollte ausgewogen sein, und zum Beispiel viel Gemüse und Obst, reichlich Ballaststoffe z.B. aus Vollkornprodukten, ausreichend Eiweiß und wenig rotes Fleisch enthalten.

Ein zu hoher Körperfettanteil ist deshalb problematisch, weil die Fettzellen Botenstoffe produzieren, die im Körper Entzündungen fördern können. Vor allem im Bauchbereich sind zu viele Fettzellen ungünstig. Gemeinsam mit Bewegungsmangel und einer unausgewogenen Ernährung gehört Bauchfett zu den Risikofaktoren für eine Insulinresistenz. Insulin ist ein Hormon, das von der Bauspeicheldrüse produziert wird. Im Körper hat es die Aufgabe hat, den Blutzuckerspiegel zu senken. Insulinresistenz ist eine Vorstufe zu Typ-2-Diabetes. Auch die Leberwerte können aufgrund von Fehlernährung ansteigen. In meiner Praxis habe ich schon junge Menschen mit wenig oder gar keinem sogenannten Übergewicht beraten, die eine Fettleber hatten.

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Die Leber kann sich erholen

Das Gute an der Leber: Im Gegensatz zu anderen Organen ist sie in der Lage, sich selbst zu regenerieren. Wer möchte, kann einmal Leberfasten ausprobieren. Dabei handelt es sich um eine zweiwöchige Kur für die Leber, bei der man auf Lebensmittel verzichtet, die ihr nicht guttun, etwa auf Zucker und einfache Kohlehydrate wie Weißmehl und weißem Reis. Stattdessen kommen Gemüse, Vollkornprodukte, eiweißreiche Lebensmittel, Geflügel und Fisch auf den Tisch. Auch Pflanzen, die Bitterstoffe enthalten, wirken sich positiv auf die Leber aus, etwa Wildkräutersalate und Artischocken. Nach der Kur kann man langsam wieder in sein normales Essverhalten einsteigen und überlegen, ob man sich an der einen oder anderen Stelle ausgewogener ernähren möchte.

Fruktose nur in Maßen

Gut zu wissen: Fruktose, also Fruchtzucker, hat einen direkten Einfluss auf die Leber und wird von ihr verstoffwechselt. Gerade Fruchtsäfte enthalten hohe Mengen an Fruktose und sollten nur in Maßen genossen werden. Der beste Durstlöscher ist Wasser oder ungesüßter Kräutertee. Auch Lebensmittel, die „ohne Zuckerzusatz“ beworben werden, dafür aber Trockenfrüchte wie Datteln enthalten, können einen hohen Fruchtzuckergehalt aufweisen.

Wer seinen Körperfettanteil erfahren möchte, kann eine sogenannte „BIA-Messung“ durchführen lassen. In manchen Apotheken, Fitnessstudios oder auch bei Ernährungsberater*innen kann man eine solche Messung machen oder sich auf eine Körperfettwage stellen. Aus meiner Sicht geht es dabei gar nicht darum, Idealwerte anzustreben. Ich finde so eine Messung vor allem als Verlaufsmessung sinnvoll, um eine positive Entwicklung deutlich zu machen. Wenn man seinen Lebensstil ändert, und etwa mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt und sich ausgewogener ernährt, kann der Rückgang des Körperfetts motivierend sein und bei regelmäßigen BIA-Messungen sichtbar gemacht werden.

Fazit: Auch wenn übergewichtige Menschen im allgemeinen ein höheres Risiko für ernährungsbedingte Krankheiten haben, kann man die Gesundheit eines Menschen nicht am Gewicht ablesen. Menschen mit einem nach Definition zu hohen BMI, die sich ausgewogen ernähren und Sport treiben, können gesünder sein als Dünne, die zu viel Junkfood essen und sich wenig bewegen.